AKTUELL 16/19

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Gebäudeenergiegesetz lässt weiter auf sich warten

Klimaschutzgesetz für Verzögerung mitverantwortlich?

Der Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) von BMWi und BMI befindet nach wie vor in der Ressortabstimmung. Ursprünglich hätte der Entwurf bereits im Januar im Bundeskabinett beschlossen werden sollen, auch die Verschiebung auf April konnte nicht eingehalten werden. Zurzeit ist unklar, ob der Entwurf den Weg ins Kabinett noch vor der Sommerpause finden wird. Ursache für die Verzögerung sind insbesondere Unstimmigkeiten zwischen BMU und BMWi. Dem BMU geht der Entwurf nicht weit genug. Zudem hat das BMU im Februar den Entwurf eines Klimaschutzgesetzes (KSG) vorgelegt, der im BMWi auf breite Ablehnung stößt. Daher ist es durchaus möglich, dass diese Gegenposition mit zur Verzögerung beim GEG beiträgt.

Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen hervorgeht, soll das GEG einen Beitrag zur wirtschaftlichen, umweltfreundlichen und sozialen Umsetzung von Energieeffizienz und Klimaschutz bei Gebäuden leisten.

Außerdem arbeiten BMWi und BMI zurzeit an Maßnahmen zur Erreichung des Klimaziels 2030 im Gebäudesektor. Dabei sollen der Energieverbrauch und die Treibhausgas­emissionen durch den Dreiklang aus Fordern, Fördern und Information/Beratung gesenkt werden. Zur Erreichung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 sind aus Sicht der Bundesregierung eine deutliche Erhöhung der Energieeffizienz und eine verstärkte direkte Nutzung erneuerbarer Energien sowie eine verstärkte Sektorkopplung notwendig, wobei Wärmenetze und Wärmepumpen hervorgehoben werden.

Zur Steigerung des Anteils der erneuerbaren Wärme dienen bereits die Förderstrategie „Energieeffizienz und Wärme aus erneuerbaren Energien“ sowie die beiden Programme „Energieeffizienz und Prozesswärme aus erneuerbaren Energien in der Wirtschaft“ und „Modellvorhaben Wärmenetzsysteme 4.0“. Zudem ist ein Instrumentenmix in Arbeit, der sowohl die Transformation von Bestandswärmenetzen als auch die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung insgesamt wirtschaftlich und sozial verträglich voranbringen soll.
Mit dem Entwurf zum Klimaschutzgesetz soll die Vereinbarung von CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag erfüllt werden, in diesem Jahr ein Gesetz zu verabschieden, das die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleistet. Den Entwurf hat das BMU bislang nur zur Frühkoordinierung an das Bundeskanzleramt übergeben, die Ressortabstimmung mit den betroffenen Ministerien wurde jedoch noch nicht eingeleitet.
 
Der vorgelegte Entwurf ist als Rahmengesetz konzipiert, das keine konkreten Maßnahmen beinhaltet. Zudem wurde bereits vereinbart, dass die zuständigen Ministerien ­Vorschläge für Klimaschutzmaßnahmen in ihrem jeweiligen Bereich vorlegen. Diese werden im Klimakabinett diskutiert, das im März seine Arbeit aufgenommen hat und die Umsetzung der Klimaschutzziele für 2030 vorbereiten soll. Die Maßnahmen zum Klimaschutz im Sektor Energiewirtschaft werden sich dabei auf drei Komplexe konzentrieren: den Ausstieg aus der Kohleverstromung, den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Umstellung bei der KWK von Kohle auf Gas. Hierzu führt das BMWi bereits Dialogprozesse zur Zukunft der KWK und zu Gas 2030.

Zweck des Entwurfs ist es, die Erfüllung der deutschen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten. Dazu soll die schrittweise Minderung der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 gesetzlich festgeschrieben werden: Diese beträgt jeweils mindestens 40 % bis 2020, 55 % bis 2030, 70 % bis 2040 und 95 % bis 2050.

Zur Erreichung dieser Ziele werden für die sechs Sektoren Energiewirtschaft, Indus­trie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft und Sonstiges absinkende Emissionsmengen festgelegt. Im Fall der Energiewirtschaft sollen die Emissionsmengen möglichst stetig zurückgehen: von 257 Mio. t CO2-Äquivalent im Jahr 2022 auf 175 Mio. t CO2-Äquivalent im Jahr 2030. In den übrigen fünf Sektoren soll die Absenkung jährlich linear erfolgen, beispielsweise im Gebäudesektor von 113 Mio. t CO2-Äquivalent im Jahr 2021 auf 70 Mio. t CO2-Äquivalent im Jahr 2030. Dabei ist jeweils das für einen Sektor überwiegend zuständige Ministerium dafür verantwortlich, dass die festgeschriebenen Jahresemissionsmengen eingehalten werden und dass die dazu erforderlichen Maßnahmen veranlasst werden.

Bei Überschreitung der vorgegebenen Jahresemissionsmengen soll der Bund die Ausgaben tragen, die Deutschland wegen Verstoßes gegen die Europäische Klimaschutzverordnung entstehen. Diese Ausgaben sollen im Bundeshaushalt je nach Grad der Nichteinhaltung in den Einzelplänen der verantwortlichen Ministerien veranschlagt werden. Zudem soll bei Überschreitung der Jahresemis­sionsmenge eines Sektors die Bundesregierung innerhalb von sechs Monaten ein Sofortprogramm beschließen, das die Einhaltung für die folgenden Jahre sicherstellt.

Die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele sollen in einem Maßnahmenprogramm festgelegt werden, das die Bundesregierung erstmals 2019 und danach mindestens nach jeder Fortschreibung des Klimaschutzplans (alle fünf Jahre) beschließen soll. Außerdem soll die Bundesregierung einen jährlichen Klimaschutzbericht sowie ab 2021 alle zwei Jahre einen Klimaschutz-Projektionsbericht erstellen.

Der AGFW kritisiert, dass der Entwurf in der aktuellen Fassung nur einen weiteren gesetzlichen Rahmen darstellt, innerhalb dessen lediglich die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der jeweiligen Emissionsmengen und die Umsetzung verteilt werden. Es fehlen hingegen konkrete Maßnahmen, die zur Erreichung von THG-Minderungen beitragen könnten. Allerdings müssten diese auch unter Einbeziehung von weiteren ökonomischen, sozialpolitischen und energiewirtschaftlichen Zielen entwickelt werden, um keine volkswirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen zu erzeugen.

Im Non-ETS Bereich kommen beispielsweise eine Vielzahl von Maßnahmen in Betracht, die in den Bereichen der Energieeffizienz, des Transportsektors und vor allem im Wärmebereich umzusetzen sind. So führt der Ausbau der Wärmenetze und KWK (> 20 MW) im Regelfall dazu, dass Emissionen nicht nur in einem erheblichen Umfang eingespart werden, sondern auch, dass Emissionen im Non-ETS-Bereich vermieden und die verbleibenden Emissionen zumeist in einem deutlich geringeren Umfang in den ETS-Bereich überführt werden. Dieser Wirkmechanismus ist gerade in Anbetracht der Zielverfehlung im Non-ETS Bereich wesentlich, drohen hier doch hohe Ausgleichszahlungen aus dem Bundeshaushalt über Jahre hinaus.

Zudem wird – einmal mehr – vorgeschlagen, die Verpflichtungen überzuerfüllen. So geht die im Entwurf geforderte Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 95 % bis 2050 über das Übereinkommen von Paris hinaus, das zu einer Verringerung von 80–95 % verpflichtet. Diese Übererfüllung erscheint mit dem vorgegebenen Zielpfad jedoch kaum realisierbar, da die festgeschriebene Emissionsminderung zwischen 2020 und 2030 sowie 2030 und 2040 nur jeweils 15 Prozentpunkte beträgt, zwischen 2040 und 2050 dagegen 25 Prozentpunkte. In dieser Dekade müssten die Treibhausgasemissionen also wesentlich schneller zurückgehen als in den beiden Dekaden zuvor.

Wir werden die Gesetzgebungsprozesse beim GEG und KSG sowie die Arbeit des Klimakabinetts aufmerksam verfolgen und uns dabei für die Interessen der Branche einsetzen.
 


Bundesregierung plant Reform des KWKG und Maßnahmen zur Wärmewende

Wie aus der Antwort von Staatssekretär Andreas Feicht auf eine schriftliche Frage von Dr. Julia Verlinden MdB an die Bundesregierung hervorgeht, ist nach den vorläufigen Ergebnissen des Diskussionsprozesses zur Zukunft der KWK sowie der Evaluierung des KWKG zur Erreichung der Sektorziele für 2030 eine Reform des KWKG naheliegend, die über eine bloße Verlängerung bis 2030 hinausgeht. Dabei sollen auch die Ergebnisse des Abschlussberichts der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung berücksichtigt werden, wo unter anderem die Weiterentwicklung von KWK-Anlagen hin zu modernen und flexiblen Strom-Wärme-Systemen vorgeschlagen wird.

Zudem bietet sich laut Feicht die Chance, Fernwärmenetze neben modernen, flexiblen Gas-KWK-Systemen verstärkt mit erneuerbaren Energien und Abwärme zu versorgen. Dazu seien neben einer Reform des KWKG weitere regulatorische Rahmenbedingungen beispielsweise zur Förderung neuer Wärmenetze und zur Transformation bestehender Wärmenetze erforderlich.

Zurzeit arbeitet die Bundesregierung an einem Maßnahmenprogramm, um den Instrumentenmix für die Wärmewende weiterzuentwickeln und sicherzustellen, dass die Sektorziele für 2030 erreicht werden. Dazu bereitet das BMWi einen weiteren Dialog „Wärmenetze im Kontext der Wärmewende“ vor. 

Ziel des Ganzen ist es, sowohl die Transformation der Wärmenetze als auch die zunehmende Dekarbonisierung der Wärmeversorgung wirtschaftlich und sozial verträglich voranzubringen. Der AGFW wird sich auch bei der KWKG-Novelle und dem Wärmenetze-Dialog aktiv für die Branche einbringen.