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Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II

Energiewirtschaft, Recht & Politik / Europa & Internationales / Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II

Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie und ihre Bedeutung für Fernwärme

Ziel der neuen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II,  2018/2001) ist die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien in den Sektoren Strom, Wärme und Transport bis zum Jahr 2030. Die Richtlinie sieht deswegen ein verbindliches Ziel von mindestens 32 % erneuerbarer Energien im Bruttoendverbrauch der Union vor. Dabei hat die Europäische Kommission anerkannt, dass Wärme und Kälte Schlüssel für die beschleunigte Dekarbonisierung des Energiesystems sind.

Die RED II richtet sich deshalb erstmals direkt an den Wärmesektor (Art. 23 RED II). Um die langfristigen Dekarbonisierungsziele zu erreichen, soll der Anteil der Erneuerbaren in dem Sektor schrittweise erhöht werden. Die Mitgliedstaaten sollen sich bemühen, in den Zeiträumen 2021 – 2025 und 2026 – 2030 den Anteil an EE im Wärmebereich im Durchschnitt um 1,1 Prozentpunkte/Jahr zu erhöhen, ausgehend vom Niveau des Jahres 2020. Dieser Faktor erhöht sich in den genannten Zeiträumen auf durchschnittlich1,3 Prozentpunkte/Jahr, wenn sich die Mitgliedstaaten für die Berücksichtigung von Abwärme entscheiden. Dabei kann die Abwärme nur bis 40 % der jährlichen Erhöhung angerechnet werden. Die Ziele sind indikativ, also für die Mitgliedstaaten nicht bindend. Der europäische Gesetzgeber erkennt an, dass es angesichts des lokalen/nationalen Charakters der Wärme-/Kältemärkte von größter Bedeutung ist, Flexibilität bei der Gestaltung eines solchen Vorhabens zu gewährleisten. Deswegen sind die Mitgliedstaaten frei, geeignete Maßnahmen einzusetzen, und die Richtlinie sieht mehrere Instrumente vor, wie die Erhöhung zu erreichen ist. Darunter fallen auch politische Maßnahmen, einschließlich steuerlicher Maßnahmen oder sonstiger finanzieller Anreize; darauf könnten u. a. die Einführung einer nationalen CO2-Steuer auf dem Wärmemarkt (non-ETS-Sektor) sowie geeigneter Fördersysteme zur Erhöhung des Anteils erneuerbar erzeugter Wärme gestützt werden.

Der Fernwärme ist Art. 24 RED II gewidmet. Dabei wurde anerkannt, dass Fernwärme durch höhere Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien ein großes Potenzial für die Dekarbonisierung bietet. Notwendig ist aber, so der europäische Gesetzgeber, eine Brennstoffumstellung auf erneuerbare Energiequellen zu ermöglichen. An dieser Stelle fanden sich im Entwurf der Kommission der Drittzugang zu Fernwärmenetzen und eine Durchleitungsverpflichtung für Anbieter erneuerbar erzeugter Wärme zur direkten Belieferung von Kunden (sog. TPA). Zu begrüßen ist, dass der europäische Gesetzgeber die Argumente der Branche und Ihres Verbandes in Betracht gezogen (unsere Stellungnahme) und den Mitgliedstaaten stattdessen zwei Optionen zur Auswahl gegeben hat (auch in Kombination):

  • ausgehend von dem im Jahr 2020 erreichten Niveau (Art. 24 (4a) die Erhöhung des Anteils der EE und aus Abwärme/-kälte um mindestens 1 Prozentpunkt/Jahr, berechnet im Durchschnitt jeweils für die Zeiträume 2021 – 2025 und 2026 – 2030 oder
  • die Verpflichtung der Fernwärmeunternehmen (FVU), die Anbieter von Energie aus erneuerbaren Energiequellen und von Abwärme und -kälte anzuschließen oder ihnen anzubieten, Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energiequellen sowie Abwärme und Kälte von Drittanbietern auf der Grundlage nichtdiskriminierender Kriterien anzuschließen und zu kaufen (Art. 24 (4b). Diese Kriterien sollen von einer kompetenten Behörde festgelegt werden.

Der Drittzugang wurde also deutlich abgemildert und gilt nur unter bestimmten Voraussetzungen, sofern die Ausnahmen nicht eingreifen. Positiv ist auf jedem Fall, dass der europäische Gesetzgeber die Besonderheiten der Fernwärme (geschlossene Systeme, Anpassung der Erzeugungskapazitäten an Verbrauch, unterschiedliche Parameter der Netze u.s.w.) berücksichtigt hat.

Laut dem Nationalen Energie- und Klimaplan wird sich der deutsche Gesetzgeber für die erste Option entscheiden wird und geeignete Maßnahmen ergreifen, um den Anteil der Erneuerbaren in den FW-Netzen jährlich zu steigern. Welche Schritte genau unternommen werden, bleibt abzuwarten. Laut dem Plan werden das hauptsächlich Finanzierungsmaßnahmen sein.

Art. 24 sieht außerdem eine Stärkung der Rechte der Verbraucher vor. Die Endverbraucher sollen insbesondere über die Energieeffizienz und den Anteil von EE in der Fernwärmeversorgung informiert werden. Zwar ist nicht klar, wie das in Falle der Fernwärme geschehen soll, da der Betreiber eines FW-Netzes in Deutschland i. d. R. keinen direkten Zugang zum Endverbraucher hat. Der europäische Gesetzgeber hat das aber berücksichtigt, indem die Informationen auch auf der Internetseite des Anbieters oder auf der Jahresabrechnung bereitgestellt werden können. Der deutsche Gesetzgeber wird bei der Umsetzung der Vorschrift also entscheiden müssen, wie die Informationen in der Praxis durch die FW-Unternehmen veröffentlicht werden.

Darüber hinaus haben Kunden von FW-Systemen, die keine effizienten Systeme in Sinne des Art. 2 Nr. 41 EED sind, das Recht auf Kündigung oder Änderung des Vertrages, um Wärme aus erneuerbaren Quellen selbst zu produzieren. Diese Vorschrift entspricht teilweise dem schon geltenden § 3 S. 3 AVBFernwärmeV (Vertragsanpassung). Änderungen des nationalen Rechts sind also nur teilweise notwendig. Sofern die Kündigung mit der physischen Abkoppelung des Kunden vom FW-Netz verbunden ist, sieht die RED II die Möglichkeit einer Entschädigung des FW-Netzbetreibers für die direkt mit der Abkoppelung verbundenen Kosten sowie der nichtabgeschriebenen Kosten vor, die mit der Lieferung der Wärme an diesen Kunden verbunden sind. In Falle von Mehrfamilienhäusern kann die Kündigung oder Änderung des Vertrags nur für das ganze Gebäude ausgeübt werden.

Die Stromnetzbetreiber werden durch Art. 24 (8) verpflichtet, mindestens alle vier Jahre in Zusammenarbeit mit den FVU in ihrem jeweiligen Gebiet das Potenzial von Fernwärme- oder
-kältesystemen zur Bereitstellung von Ausgleichs- und anderen Systemdienstleistungen, einschließlich der Reaktion auf die Nachfrage und Speicherung von überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energiequellen, zu bewerten. Diese Vorschrift eröffnet die Möglichkeit zur Intensivierung des Einsatzes von Power-to-Heat-Anwendungen.

Die Mitgliedstaaten können schließlich entscheiden, den größten Teil der Vorschriften des Art. 24 nicht anzuwenden, wenn der Anteil der effizienten FW-Systeme über 90 % aller Systeme ausmacht. Das betrifft aber gemäß Art. 24 (10) nicht die Pflicht zur Kundeninformation.

Die Mitgliedstaaten müssen die Vorschriften bis zum 30. Juni 2021 in das nationale Recht umsetzen. Der AGFW setzt sich für eine entsprechende Ausgestaltung der Vorschriften ein.

Die Position des AGFW zur Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie finden Sie hier