2. Die rechtliche Einordnung des Wärmelieferungsvertrages

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2. Die rechtliche Einordnung des Wärmelieferungsvertrages

Unter den Anbietern auf dem Markt der Wärmelieferungen haben sich bestimmte Gestaltungsvarianten durchgesetzt. Sie werden je nach der dahinter stehenden Marketingidee oder der persönlichen Auffassung der Verwender als "Nahwärmeversorgung", "Wärmelieferung", "Wärmedirekt-Service", "Wärmedienstleistungen", "Contracting" u. ä. bezeichnet. Andere sprechen von "Fernwärme", so insbesondere die "Begriffe der Versorgungswirtschaft", herausgegeben von der VDEW und natürlich die AGFW. 
Dabei ist den Beteiligten stets klar, was gemeint ist. Entweder es wird typische Fernwärme mittels eines Stadtheizungsnetzes betrieben, oder Nahwärmeversorgung aus kleineren Netzen (z.B. bei BHKW-Lösungen oder Brennwerkkesseln) oder der Kunde wird aus einer Heizung in seinem eigenen Anwesen oder Haus bedient. Die systematische und rechtliche Einord­nung geht mit diesem Sprachgebrauch meist nicht konform. 
Es kommt sehr genau darauf an, die Vertragsformen rechtlich präzise einzuordnen, weil davon abhängt, was rechtlich zulässig ist. Davon hängt auch ab, ob man sich nicht besonders günstige rechtliche Regelungen zunutze machen kann, die für das Contracting-Unternehmen viel günstiger sein können als das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des BGB (§§ 305 ff. BGB).

a) Wärmelieferung im Energierecht

a)     Die Behandlung der Wärmelieferung im Energierecht

Der rechtliche Ordnungsrahmen der Energiewirtschaft sieht so aus: Die Versorgung mit Elektrizität und Gas ist im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geregelt.
Ein Unternehmen darf gemäß § 4 EnWG nur Energieversorgungsnetze betreiben, wenn es zuvor eine Betriebsaufnahmegenehmigung erhalten hat. Nach energiewirtschaftlichen Kriterien wird bei dieser Genehmigung u. a. überprüft, ob das EVU im Interesse des Gemeinwohls sicher und preisgünstig sein. Zur Belieferung von Haushaltskunden bedarf es nur eines Netzzuganges nach § 5 EnWG.
Jedes Vorhaben benötigt außerdem die Genehmigung nach dem Bundes-Immissions­schutzgesetz.
Wenn ein EVU für ein bestimmtes Gebiet die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführt, muss es dort jedermann an sein Versorgungsnetz anschließen und versorgen. Diese Anschluss- und Versorgungspflicht entfällt, wenn die Versorgung aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist.
Das EVU muss seine Preise öffentlich bekannt geben, die Preise gelten dann allgemein. Näheres über die Preise ist noch in den Bundestarifordnungen Gas und Elektrizität (BTOGas und BTOElt) bzw. seit dem 8.11.2006 in den Grund- und Niederspannungs- bzw. –druckverordnungen (StromGVV, GasGVV, NAV, NDAV) geregelt. Die Tarife der EVU müssen von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Gaspreise brauchen nicht genehmigt zu werden.
                    Die FVU können untereinander weder Demarkationsverträge zur Abgrenzung ihrer Versorgungsgebiete noch Konzessionsverträge mit Gemeinden abschließen. Deshalb besteht freier Wettbewerb der FVU untereinander und mit anderen Anbietern auf dem Wärmemarkt (Gas, Öl, Kohle, Flüssiggas und Strom). Es gibt keine "Monopole" für Fernwärme.
Die FVU schließen mit den Gemeinden ihres Versorgungsgebietes sog. Gestattungsverträge ab, wonach ihnen (manchmal gegen Entgelt) gestattet wird, öffentliche Verkehrswege und Gemeindegrundstücke für den Bau ihrer Leitungen zu nutzen.
Die Gemeinden können auch beschließen, die Bewohner bestimmter Gemeindegebiete zwangsweise an die Fernwärmeversorgung anzuschließen. Dieser Anschluss- und Benutzungszwang erfolgt durch eine gemeindliche Satzung. Die Ermächtigung dazu ergibt sich aus den Gemeindeordnungen der einzelnen Bundesländer.

b) Rechtliche Einordnung

b)     Die rechtliche Einordnung als Dienstleistungs-, Kauf- oder Wärmelieferungsvertrag

Die Beurteilung des Rechtscharakters von Wärmelieferungs-Verträgen ist nicht selbstverständlich, da das BGB keinen "Wärmelieferungs-Vertrag" kennt. Unter den verschiedenen Vertragstypen des BGB könnte etwa an den Dienstvertrag gemäß § 611 BGB gedacht werden.
Die Annahme einer Dienstleistung liegt besonders nah, wenn der Wärmeerzeuger im Eigentum des Kunden bleibt und er von Contracting-Unternehmen lediglich betrieben wird. Bei einem Dienstleistungsvertrag kommt es aber nur darauf an, dass der "Dienstverpflichtete" - wie ihn das BGB nennt - sich um etwas bemüht, ohne für den Erfolg gerade stehen zu müssen. Dies passt bei der Wärmelieferung nicht, weil die Wärmelieferung stets in einer bestimmten Qualität sichergestellt werden muss.
                    Ein Werkvertrag gemäß § 631 ff. BGB liegt ebenfalls nicht vor, denn beim Werkvertrag kommt es ausschließlich auf die Erreichung eines bestimmten Erfolges an. Typisch sind dafür die Herstellung eines Werkstückes oder der Bau eines Hauses. Vereinbart wird aber nicht, dass z. B. eine Wohnung über einen bestimmten Zeitraum eine bestimmte Temperatur erreichen muss. Das ist aber nicht der Fall, da nicht die Erreichung dieses Erfolges, sondern die Lieferung von Wärme mittels eines Wärmeträgers vereinbart wird.
Deshalb wird in der Literatur auch davon ausgegangen, dass es einen eigenen Fernwärmelieferungsvertrag nach der AVBFernwärmeV gibt. Die Rechtsprechung ist dem aber nicht gefolgt, sie geht vielmehr davon aus, dass bei der Wärme- und Fernwärmelieferung die physikalische Eigenschaft Wärme oder ein bestimmter Wärmeträger verkauft werden soll. 
                    Wärme in jeder Form und Fernwärme wird aufgrund einfacher zivilrechtlicher Verträge verkauft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind dies Kaufverträge gemäß § 433 BGB (vgl. NJW 1979, S. 1304, 1305). Es handelt sich hier um Sukzessiv-Lieferungsverträge. Viele Fragen der Wärmelieferung können deshalb nach dem BGB gelöst werden, z. B. die Verjährung.
Wichtige Fragen der Wärmelieferung lassen sich leicht aus der AVBFernwärmeV beantworten, wenn diese auf jede Form der Wärmelieferung anwendbar wäre. So z. B. die Frage der Preisänderungsklausel und die Frage der Vertragslaufzeit. Deshalb muss geprüft werden, ob es sich bei der Wärmelieferung in ihren verschiedenen Fallgestaltungen aus rechtlicher Sicht um "Fernwärme" im Sinne der AVBFernwärmeV handelt. Denn dann ist die AVBFernwärmeV kraft Gesetzes anzuwenden.

c) Begriffsbestimmungen

c)     Die Begriffe der Wärmelieferung, der Nah-, und Fernwärme und ihre Behandlung im Rahmen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)

aa) Der Meinungsstand

aa)    Der Meinungsstand

Der Gesetzgeber hat den Begriff "Fernwärme" nicht definiert. Der Begriff der Fernwärme ist, nicht nur deshalb, lebhaft umstritten. Dabei spielen Vorstellungen des Mieterschutzes, maschinentechnische Auffassungen und die Entwicklung von Nah- und Direktwärmekonzepten eine Rolle.
In Rechtsprechung und Literatur werden dazu im Wesentlichen folgende Auffassungen vertreten:
                    Das LG Hamburg (MDR 1983, S. 989; NJW 1984, S. 1562) meint, Fernwärme liegt nicht vor, wenn Nah- oder Direktwärme geliefert wird. Dies sei der Fall, wenn die belieferte Wohnung und die Heizungsanlagen eine natürliche Wirtschaftseinheit mit der Folge bilden, dass nach den Anschauungen des täglichen Lebens eine Nah- oder Direktwärmelieferung gegeben ist. Dem LG Hamburg folgend fordert Lammel (Kommentar zur Heizkostenverordnung [HeizkV] § 1 Rdn. 7) für das Vorliegen "echter" Fernwärmeversorgung, dass Heiz- und Wohnanlagen nicht im Eigentum derselben Person stehen, kein örtlicher Zusammenhang zwischen beiden Bauten besteht und für beide Anlagen kein einheitlicher Finanzierungsplan gegeben war. Nach Auffassung des LG Hamburg soll verhindert werden, dass ein Vermieter zum Zwecke der Umgehung der HeizkV und zum Zwecke der Anwendbarkeit der AVBFernwärmeV seinem Heizungswart die zentrale Heizungsanlage eines Wohnblocks oder mehrerer Wohnhäuser mit der Konsequenz einer Direktabrechnung zwischen diesem und den Mietern überlässt.
Nach Auffassung von Witzel (die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme, S. 32) liegt der Vertragstypus des Fernwärmeversorgungsvertrages vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: Versorgung Dritter, Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes für die Wärmelieferung aufgrund einer Preisregelung, Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen Kundenanlage und Anlage des Versorgungsunternehmens. Ebenso Ebel (in: ET 1985, S. 267, 269, 270). Ähnlich liegt nach Luhman und Milhahn (Das neue Mietrecht Teil 5, Kap. 5.2.2, S. 3) Fernwärme vor, wenn Wärme nicht vom Gebäudeeigentümer sondern von einem Dritten bereitgestellt wird und die Lieferung nach den Vorschriften der AVBFernwärmeV erfolgt.
                    Technisch wird Fernwärme meist als eine leitungsgebundene Energie zur Wärmeversorgung von Kunden über die Energieträger Heizwasser oder Dampf definiert. Dabei wird die Wärme zentral in einem Heizkraftwerk oder Heizwerk erzeugt oder aus einer sonstigen Wärmequelle bezogen. Sie wird den Kunden für Raumheizung, Wassererwärmung oder Produktionszwecke über Wärmeverteilungsnetze zugeführt. Ganz ähnlich wird in der juristischen Literatur vertreten, Fernwärme liege vor, wenn der Lieferant durch die von ihm betriebene Heizzentrale mehrere Gebäude oder ganze Stadtteile über ein eigenes Versorgungsnetz und über Anschlüsse an die Kundenanlage mit Wärme versorgt (vgl. Pauls, NJW 1984, S. 2448, 2449; Brintzinger, in: Fischer-Dieskau-Pergande-Schwender, Wohnungsbaurecht, Band V, § 1 HeizkV Anmerkung 5, S. 8).
                    Nach anderer Auffassung liegt Fernwärme auch dann vor, wenn die Produktionsanlage im Eigentum des Gebäudeeigentümers steht und sich in dem Gebäude befindet. Erforderlich ist hier lediglich, dass der Lieferant nicht mit dem Gebäudeeigentümer identisch ist und die Anlage im eigenen Namen und für eigene Rechnung betreibt (Schubert, NJW 1985, S. 1682, 1685; derselbe, in: Schade-Schubert-Wienicke, Der Wirtschaftskommentator, Soziales Miet- und Wohnungsrecht, September 1986, Anhang B S.99, 100).
Die amtliche Begründung zu § 1 Abs. 1 HeizkV (BR-Drs. 632/80, S. 17) sieht als Fernwärme die Wärmelieferung für Gebäude dann an, wenn sie nicht vom Gebäudeeigentümer, sondern von einem Dritten erfolgt und dieser die Wärmelieferung nach den Vorschriften der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme oder unter Zugrundelegung von Individualverträgen vornimmt. Die Begründung will ausdrücklich die herkömmlichen Fernwärmeversorgungsunternehmen (Fernheizwerk, Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung usw.) und diejenigen Unternehmen erfassen, die es übernommen haben, die Heizungsanlage des Gebäudeeigentümers für diesen im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu betreiben.
                    Die Rechtsprechung der Land- und Oberlandesgerichte ist zum Teil uneinheitlich. In Anlehnung an § 20 Abs.1 Nr. 2 und § 22 Abs. 4 NMV liegt nach Auffassung des BGH (BGH in NJW 1979, S. 1304 unter 1 b aa) im Rahmen des preisgebundenen Wohnraumes Fernwärme vor, wenn die Wärmelieferung von einer nicht zur Wirtschaftseinheit gehörenden Anlage stammt. Die Kosten der Versorgung mit Fernwärme sind umlegungsfähig, sofern sie nicht schon in die Einzelmiete eingerechnet worden sind. Der BGH geht davon aus, dass die Wärmelieferungskosten entweder in die Miete eingerechnet werden, weil sie aus zur Wirtschaftseinheit gehörenden Anlagen stammt, oder in voller Höhe auf die Mieter umgelegt werden, weil sie nicht in die Miete eingerechnet wurden.
In seiner Entscheidung vom 9.4.1986 (NJW 1986, S. 3195) zu §§ 1, 6 Abs. 1 Satz 2 HeizkV a. F. hatte der Bundesgerichtshof die Versorgung aus einer den Hauseigentümer gehörenden Anlage nicht mehr als Fernwärme angesehen, da die Anlage dem Wärmeversorgungsunternehmen nicht gehörte, sondern ihm verpachtet worden war. In dieser Entscheidung stützt sich der BGH auf den allgemeinen Sprachgebrauch zur Auslegung des Begriffs "Fernwärme". Danach setze die Versorgung mit Fernwärme voraus, dass der Lieferant durch die von ihm betriebene Heizzentrale Gebäude oder ganze Stadtteile über ein eigenes Versorgungsnetz und über Anschlüsse an die Kundenanlage mit Wärme versorgt.
                    In der Entscheidung vom 25. Oktober 1989 (BGH in NJW 1990, S. 1181, 1183) hebt der BGH hervor, dass die soeben zitierte Entscheidung auf dem Wertungswiderspruch zwischen § 1, Abs. 2 Nr. 2 und § 6, Abs. 1 Satz 2 HeizkV beruhe. Ob an der genannten Entscheidung nach Erlass der Verordnung zur Änderung energieeinsparender Vorschriften vom 19. Januar 1989 noch festzuhalten ist, lässt der BGH dahinstehen. Jedenfalls in Fällen, in denen auf einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Heizungsanlage von einem Dritten nach unternehmenswirtschaftlichen Gesichtspunkten eigenständig Wärme produziert und an andere geliefert wird, handelt es sich um Fernwärme. Der BGH betont, dass es auf die Nähe der Anlage zu dem versorgten Gebäude ebenso wenig ankommt, wie auf das Vorhandensein eines größeren Leitungsnetzes.
Der BGH kann sich dabei auf die amtliche Begründung der HeizkV (BR-Dr 652/80, S. 17) und der Änderungsverordnung vom 19. Januar 1989 (BR-Drs. 494/88, S. 19, 21 und 22) stützen. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich jede Art der eigenständigen gewerblichen Wärmelieferung abdecken ohne Rücksicht darauf, ob sie in Lieferverträgen als Direkt-, Nah- oder Fernlieferung vereinbart oder deklariert wird. Die nach Erlass der AVBFernwärmeV entwickelten Nah- und Direktwärmeversorgungskonzepte sollten der Fernwärmelieferung rechtlich gleichgestellt werden.

bb) Auslegung des Begriffs "Fernwärme" - Wortlaut

bb)     Auslegung des Begriffs "Fernwärme"

-          Der Wortlaut


Bei der Auslegung ist vom Wortlaut der Vorschrift auszugehen, denn das Gesetz selbst definiert den Begriff "Fernwärme" nicht. Die Auslegung des Begriffs "Fernwärme" hilft jedoch nicht weiter. Dem Wort "fern" kommt nämlich nach unserer Auffassung keine besondere Bedeutung zu.
Im Allgemeinen wird das Wort "fern" im Zusammenhang mit der historisch vorgefundenen Form der Wärmelieferung verstanden. Damit ist die Leitungsgebundenheit gekennzeichnet. Es war allgemein üblich, Wärme in Heiz- oder Heizkraftwerken zentral zu erzeugen und über Leitungsnetze zu verteilen. An Direkt- oder Nahwärmekonzepte hat man nicht gedacht, weil sie erst in jüngerer Zeit entwickelt worden sind.
Das Wort "Fernwärme" muss daher umfassend im Sinne jeder Lieferung von Wärme verstanden werden. Fernwärme wäre danach jede Wärme, die nicht im Rahmen einer mietvertraglichen Nebenpflicht vom Vermieter an den Inhaber einer Wohnung geliefert wird.

- Systematische Auslegung

-     Systematische Auslegung

Durch eine Reihe von vier Verordnungen sollten im Jahre 1980 die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Wärme umfassend geregelt werden. Bei Strom, Wasser und Gas ist unstreitig, dass die Anwendung der AVB nicht von der Entfernung des Werkes von dem Kunden abhängt und auch nicht von dem Vorhandensein eines Leitungsnetzes. Die immerhin praktisch denkbare Möglichkeit, dass die Wasserversorgung aus einer nahe gelegenen Quelle erfolgen kann, führt ebenfalls nicht zur Unanwendbarkeit der AVB. Es wäre systemwidrig, einen Teilabschnitt der Versorgung mit Wärme aus dem gesetzgeberischen Gesamtkonzept der AVB Strom (heute Strom GVV, NAV), Gas (heute GasGVV, NDAV), Wasser und Fernwärme herauszunehmen.
Die Konsequenz wäre, dass dann Wärme im so genannten Nah- oder Direktbereich ausschließlich gemäß § 433 BGB (BGH in NJW 1979, S. 1304, 1305) behandelt wird. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieser Kaufverträge blieben ungeregelt und der Kunde würde nicht in den Schutzbereich des Art. 243 EGBGB einbezogen werden. Art. 243 EGBGB ist die Ermächtigungsgrundlage für die AVBFernwärmeV.
Damit würde sich die Auslegung des Begriffes "Fernwärme" selbst ad absurdum führen.
                    Dies wird von den Verfechtern der Nah- bzw. Direktwärmekonzepte selbst so gesehen und die Anwendbarkeit der AVBFernwärmeV auf diese Konzepte für selbstverständlich gehalten (vgl. Helle: Energiedienstleistungsbezogene Diversifikation - Nutzwärme-Angebote in der Gaswirtschaft in: ZögU, Band 15, Heft 2, 1992, S. 131, 138, 139).

- Technische Definition

-     Die technische Definition

Die Übernahme der maschinentechnischen Definition ist abzulehnen, da sie eine technische Definition ist, die zur Auslegung des juristischen Begriffes "Fernwärme" nichts hergibt.

- Mieterschutz

-     Argument des Mieterschutzes

Gegen die Ausweitung des Begriffes "Fernwärme" auf alle Formen der Wärmelieferung wurden verschiedentlich Gedanken des Mieterschutzes geltend gemacht.
In besonders prononcierter Weise macht sich das Landgericht Hamburg den Mieterschutz zu Eigen (vgl. LG Hamburg a. a. O.). Die Befürchtung wird mit folgendem Beispielsfall unterlegt:
Ein Vermieter vermietet eine Wohnung, die mit einer Zentralheizung beheizt wird. Der Wärmeerzeuger befindet sich, wie meist üblich, im Keller des Hauses und wird vom Vermieter betrieben. Vermieter und Mieter vereinbaren die Umlagefähigkeit der Kosten für Brennstoff und Betrieb der Heizung entsprechend Anlage 3 Nr. 4 der Zweiten Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (II. BV).

Daraus ergibt sich folgende Rechtslage:
Der Vermieter hat als Nebenleistung für die Beheizung der Wohnung zu sorgen. Auch wenn die Beheizung der Wohnung nicht ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart wurde, ergibt sich aus dem Vorhandensein der Heizung bei Abschluss des Mietvertrages, dass der Vermieter den Mieter aus dieser Heizung mit Wärme versorgen muss (Münchener Kommentar/ Voelskow, §§ 535, 536 BGB Rdn. 71).
Der Vermieter hat einen Anspruch auf Zahlung der Brennstoff- und Betriebskosten der Heizung bzw. der gewerblichen Wärmelieferung. Der Anspruch ergibt sich analog aus dem Mietvertrag i. V. m. § 535 BGB und § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV). Es darf nur vereinbart werden, Nebenkosten zu berechnen, die in der Anlage 3 der II. BV (heute § 2 BetrKV) genannt sind (vgl. Rechtsentscheid des OLG Koblenz vom 7.1.1986, NJW 1986, S. 995 f.). Nun würde, so befürchtet man, der Vermieter in der Lage sein, seine Heizungsanlage etwa an einen Dritten (z.B. seinen Heizungswart) zu verkaufen oder auch nur zu verpachten. Der Dritte könne dann dem Mieter wie ein FVU Fernwärmepreise in Rechnung stellen. Der Fernwärmepreis richtet sich dann nach dem, was der Markt hergibt und würde nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen kalkuliert. In diesem Preis sei dann auch kalkulatorisch der Aufwand oder die Pacht für die zentrale Heizungsanlage einschließlich aller sonstigen Kosten und ein Unternehmergewinn enthalten. Der Vermieter würde also einen Gewinn machen, weil er die Kosten der Heizung zweimal, nämlich einmal über die Mieten und zum zweiten über den Fernheizungspreis bekomme.

Um die Überzeugungskraft dieses Einwandes bewerten zu können, ist zu unterscheiden: 
•         Die HeizkV selbst regelt keine materiellen Ansprüche, sondern lediglich die Verteilung von Heizkosten. Ob auf die Heizkosten materiell ein Anspruch besteht, ergibt sich ausschließlich aus der vertraglichen Vereinbarung (Lammel, a.a.O., § 1 Rdn. 8). Die Rechtsgrundlage der HeizkV, das Energieeinsparungsgesetz, stellt nämlich keine Ermächtigungsgrundlage für die Abänderung des BGB dar, deshalb bleiben die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften von der Kostentragungsregelung der Heizkostenverordnung unberührt (Lammel, a. a. O., § 2 Rdn. 24). Die HeizkV führt nur zu einer Verteilung der Kosten, nicht aber zu einer Verlagerung. 
Auch wenn man diesem Ergebnis nicht folgt, ist es nicht zulässig, Gedanken des Mieterschutzes zur Auslegung des Begriffes "Fernwärme" heranzuziehen. Gesetzliche Begriffe sind auf sich selbst heraus auszulegen, nicht aus dem Wunsch, "mieterfreundlich" oder "unternehmerfreundlich" zu sein. Der Schutz der Mieter und die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter muss dem Rechtsgebiet überlassen bleiben, dass dafür zuständig ist: Dem Mietrecht. 
                    Im Übrigen ist die Fernwärme nicht vermieterfeindlich, sondern ist für den Mieter auch vorteilhaft. Zu nennen sind nur: hohe Versorgungssicherheit, keine Immissonsbelastung in der unmittelbaren Wohnumgebung bei Wärmelieferung über ein Verteilungsnetz, tendenziell geringere Brennstoffkosten durch Kraft-Wärme-Koppelung, geringer Raumbedarf der Fernwärmehauszentrale (dadurch größere Kellerräume für die Mieter). Konsequenterweise wurde deshalb in Zeiten eines Wohnungsüberhanges, z. B. im Hamburg der 70er Jahre, in Zeitungsanzeigen dafür geworben, dass Mietwohnungen fernbeheizt sind. 
•         Die Umlage von Contractingkosten regelt sich nach den Grundsätzen über den Mietvertrag, § 535 BGB. Nach der Auffassung von Schwintowski (EuroHeat & Power, Contracting IV, 2005, S. 10 [einem Rechtsgutachten der Verbände AGFW, PECU und VfW]), von Brocke/Topp (IR 2005, S. 56) u. a. können Contractingkosten auf den Mieter umgelegt werden. Mit dem Begriff der Fernwärme hat das nichts zu tun. Der BGH ist dieser Meinung nicht gefolgt (s. unter II). Auch in der neueren Rechtsprechung sah der BGH keinen Grund, seine früheren Urteile zum Begriff der Fernwärme in Frage zu stellen. 
                    Festgehalten werden muss jedenfalls, dass Fernwärme dann nicht vorliegt, wenn der Vermieter es als mietrechtliche Nebenpflicht übernommen hat, die vermieteten Räume mit Wärme zu versorgen. Es obliegt deshalb den Mietvertragsparteien, selbst zu vereinbaren, ob der Vermieter Wärme selbst als nebenvertragliche Pflicht zur Verfügung zu stellen hat, in Abschluss eines Fernwärmeversorgungsvertrages mit einem FVU einräumt oder in seltenen Ausnahmefällen selbst einen Fernwärmeversorgungsvertrag abschließt. Letztere Fallgestaltung mag vorkommen, wenn der Fernwärmeversorger z. B. als kommunales Unternehmen selbst Wohnungen bewirtschaftet und vermietet. Es muss ihm dann auch die Möglichkeit eingeräumt werden, diese eigenen Wohnungen an die Fernwärmeversorgung anzuschließen und Fernwärmeversorgungsverträge anzubieten.

cc) Ergebnis

cc)     Ergebnis

Fernwärme ist Wärme beliebiger Herkunft, die mit Hilfe eines Trägermediums (meistens Heizwasser oder Dampf) gewerblich aufgrund eines Vertrages gegen Entgelt geliefert wird und mit deren Lieferung keine eigenen mietrechtlichen Nebenverpflichtungen erfüllt werden.

Bei "Nahwärme" oder "Wärmedirektservice" liegt "Fernwärme" i. S. der AVBFernwärmeV vor und der Wärmelieferant ist rechtlich Fernwärmeversorgungs-Unternehmen (FVU).