§ 3 Begriffsbestimmungen

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§ 3 Begriffsbestimmungen

Abs. 1
Problembereich Anlieferung von Dampf als Wärmeträger durch Dritte (Einbezug Abwärme, Einbezug Dampf als Brennstoff lt. div. Gesetzgebungsvorschläge).
Dampf kann – entgegen einem Gesetzgebungsvorschlag von industrieller Seite – kein Brennstoff sein. Unschädlich ist es jedoch, wenn Dampf in größerer Entfernung von z.B. mehreren hundert Metern von der KWK-Anlage entfernt erzeugt wird. Dies kann vor allem bei Müllverbrennungsanlagen und der Nutzung industrieller Abwärme der Fall sein. Es kommt lediglich auf den Einsatz der in § 2 Satz 1 genannten Brennstoffe an.

Abhitze aus exothermen chemischen Prozessen.
Exotherme chemische Prozesse erzeugen als Folge der chemischen Reaktion Wärme, die zum Betrieb von KWK-Anlagen i. S. von § 3 Abs. 2 eingesetzt werden kann. Soweit dies geschieht, liegt KWK vor. Zu prüfen ist, ob exotherme Prozesse auf Basis von Brennstoffen i. S. von Satz 1 vorliegen.

Abs. 2
Für die Definition der verwendeten Begriffe wird auf die bekanntentechnischen Begriffsbestimmungen verwiesen.

Abs. 3
"unmittelbar miteinander verbunden"(BR] Die Einspeisung von Strom und Wärme in gemeinsame Netze reicht zur Erfüllung des Merkmales nicht aus. Es kommt auf eine wertende Betrachtung unter Einbezug funktionaler Elemente an. Dabei sind die gemeinsame Steuerungsanlage, gemeinschaftliche Abgasanlage, gemeinsame Strom- und Wärmesammelschiene, Baugleichheit und Unterbringung in einem Gebäude entscheidend.

"Standort"
Ist der tatsächliche Unterbringungsplatz im Gegensatz etwa zur politischen Gemeinde mit ihren durchaus weiträumigen Grenzen.

"Kleine KWK-Anlagen"
Der Begriff "kleine KWK-Anlagen" dient als Präzisierung des als ungelöst empfundenen Begriffs Blockheizkraftwerk. Es soll klargestellt werden, dass unter BHKW nicht nur Motorheizkraftwerke, sondern auch Gasturbinen-KWK-Anlagen zu verstehen sind. Der Begriff findet sich in §§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1; § 6 Abs. 1 Nr. 4; § 7 Abs. 4 Satz 2, § 8 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, 2 und 3.

Abs. 4
Wie ist das Problem der mangelnden Beschränkung auf den Wirkungsgrad nach Stand der Technik von 85 % zu lösen?
Entgegen früheren Vorschlägen wird kein Mindestwirkungsgrad gefordert. Das kann Auswirkungen auf Förderung und Stromkennzahl von Anlagen haben, die über keine Öl-, Ladeluft- oder Abgaskühlung verfügen. Bei einem Verzicht auf die Auskopplung der gesamten nach dem Stand der Technik möglichen Wärmeauskopplung kommt es zu einer "künstlichen" und damit ökologisch nicht vertretbaren Erhöhung der Stromkennzahl und damit der Förderung.

Abs. 5
An den Generatorklemmen gemessene Stromerzeugung
Der Begriff ist von Bedeutung für die Anwendung von Absatz 7. Beide Definitionen werden im Gesetz nicht mehr verwendet. Sowohl § 6 Abs. 1 Nr. 4 als auch § 8 Abs. 1 beziehen sich zur Ermittlung der KWK-Strommenge nicht auf die Begriffe der Absätze 5 und 7.

Abs. 6
Nutzwärme
Gemeint ist die nutzbar abgegebene Wärme (Netzeinspeisung) im Gegensatz zur "kondensierten" Wärme. Es genügt auch das Laden von Wärmespeichern.

Messung der Nutzwärme
Sie könnte beim Kunden oder entsprechend den Generatorklemmen des Abs. 5 am Anzapfpunkt gemessen werden. Die Messung beim Kunden würde zum Abzug der Leitungsverluste und zu einem unvertretbaren Abwicklungsaufwand führen. Dies wird verstärkt durch den Umstand, dass nicht alle Kunden zwingend über Messeinrichtungen abgerechnet werden müssen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 und 4, Abs. 2 und Abs. 3 AVBFernwärmeV sowie den eingeschränkten Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV gemäß § 1 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV). Entsprechend der energiewirtschaftlichen Definition und Abs. 5 ist am Anzapfpunkt zu messen.

Abs. 8
Vorrichtung zur Abwärmeabfuhr
Liegt eine "Kühl"-Einrichtung auch vor, wenn Abgas in die Luft geblasen wird? wenn diese Frage bejaht wird, kann das bei Abs. 4 beschriebene Problem gelöst werden, ohne auf die Regeln der Technik (§ 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4) zurückgreifen zu müssen. Das könnte erforderlich sein, wenn man aus Abs. 4 schließt, dass es auf die Regeln der Technik zur Bestimmung der Stromkennzahl nicht ankommt.

Abs. 9
Begriff "Netze für die allgemeine Versorgung"
Mit der Unterscheidung zwischen Eigenverbrauch und dem in die Netze für die allgemeine Versorgung eingespeisten Strom wird die unterschiedliche Förderbedürftigkeit von Strom aus "industriellen" und "öffentlichen" HKW berücksichtigt.

Die wirtschaftliche Situation von KWK-Anlagen stellt sich in der "öffentlichen" Versorgung ganz anders dar als im industriellen Bereich und bei BHKW mit ähnlichen Versorgungsaufgaben. In der öffentlichen Versorgung dient die in KWK-Anlagen erzeugte Wärme überwiegend der Heizung von Wohnungen. Ganzjähriger kontinuierlicher Absatz ist nicht gewährleistet und die Wärme muss über kapitalintensive und aufwendige Fernwärmenetze abgesetzt werden. Die Anlagen-Betreiber in Westdeutschland hatten zudem wegen § 12 Drittes Kohleverstromungsgesetz keine Freiheit der Brennstoffwahl, sondern mussten überwiegend Kohle einsetzen. Im industriellen Bereich können die Anlagen dagegen ganz auf die Eigenversorgung optimiert, auf Fernwärmeversorgungsnetze verzichtet und die Anlagen mit wesentlich höheren Benutzungsstundenzahlen gefahren werden. Die Anlagen konnten ohne den Einfluss von Politik und öffentlicher Gremien ganz auf das technisch und wirtschaftlich Erforderliche beschränkt werden. Die erforderliche ökonomische Differenzierung kann grundsätzlich über die Höhe der Vergütungssätze oder über die Beschränkung des Fördergegenstandes auf eine Teilmenge des produzierten Stromes, nämlich den in die öffentlichen Netze eingespeisten, sichergestellt werden. Es wurde auf die Einspeisung in die Netze für die öffentliche Versorgung zurückgegriffen. Damit sollte gleichzeitig eine im Sinne der belasteten Verbraucher sinnvolle Beschränkung des Fördervolumens erreicht werden.
Wegen der Schwierigkeiten bei der Definition hat der Gesetzgeber den in den Konsensdiskussionen häufig verwendeten Begriff der Einspeisung von »Überschuss-Strom« nicht aufgenommen. In der Sache ist aber nichts anderes gemeint, es wird lediglich auf ein klares Abgrenzungskriterium zurückgegriffen. Die Einspeisung in beliebige Netze reicht dabei nicht aus. Netze für die Verteilung des Eigenbedarfs oder Sekundärnetze bleiben ausgeschlossen. Hier nahm das KWKModG den Rechtsgedanken des Vorschaltgesetzes wieder auf, an EVU anzuknüpfen (vgl. § 3 Abs. 2 KWKG 2000). Deshalb wurde die Einspeisung in das Netz für die allgemeine Versorgung zugrunde gelegt. Der Begriff »Netze für die allgemeine Versorgung« wurde § 2 Abs. 3 EnWG entnommen.
Ein Netz für die allgemeine Versorgung liegt vor, wenn es für den Anschluss beliebiger Dritter zur Verfügung steht. Ist die Zahl der Abnahme von vornherein begrenzt, liegt dieses Merkmal nicht vor.

Definition des Netzes für die allgemeine Versorgung über Contracting-Gestaltungen z.B. bei Verschiebung von Eigentumsgrenzen bei Industrie- und Arealversorgung.
Vereinfacht gesprochen: Wird eine Kundenanlage, ein Industrie- oder Arealnetz zum "Netz für die allgemeine Versorgung", wenn die Eigentumsgrenze verschoben wird? Hier stellt sich die Frage nach einer an eigentumsrechtlichen, funktionalen oder Zugehörigkeit zur historisch vorgefundenen Situation orientierten Auslegung. Industrielle Sekundärnetze und Arealversorger bleiben selbst dann ausgeschlossen, wenn sie an EVU i. S. von § 2 Abs. 3 EnWG übertragen werden.
Der Strom muss physikalisch in das Netz für die öffentliche Versorgung eingespeist werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der einzelnen Vorschriften. So spricht § 4 Abs. 3 S. 1 von »aufgenommen KWK-Strom«, S. 3 von »eingespeistem KWK-Strom«, § 4 Abs. 6 von »dem Aufnehmen von KWK-Strom«, § 8 ebenfalls von »eingespeister Strommenge« und von dem »Anbringen von Messeinrichtungen«. Dies entspricht auch dem politischen Konsens, in dem verabredet wurde, dass »rein kaufmännisch« organisierte Einspeisevorgänge von der Förderung ausgeschlossen werden müssen. Anders als beim EEG kann es keine Kulanzlösungen über vertraglich konstruierte Ein- und Rückspeisungen mehr geben, es kommt lediglich auf den physikalischen Vorgang an.
In jedem Einzelfall muss entsprechend den örtlichen Gegebenheiten entschieden werden, wo und ob in das öffentliche Netz eingespeist wird. Von Bedeutung ist dies vor allen Dingen bei der Einbindung von BHKW-Anlagen und bei der Bewertung von Sammelschienen.
Bei der Einbindung von BHKW-Anlagen dürfen keine »rein kaufmännisch eingespeisten« Strommengen gemeldet werden, sondern nur die physikalisch über einen Zähler in das öffentliche Netz gelangten Mengen.

Abs. 10
Betreiber-Begriff
Der Zweck der Zulassung besteht darin, möglichst viele Anspruchsvoraussetzungen umfassend festzustellen und dem Streit der Parteien zu entziehen. In dem Antrag sollten deshalb Angaben zu allen Umständen gemacht werden, die für die Feststellung des Vergütungsanspruches gemäß § 8 erforderlich sind.
In der Regel kann an den Inhaber der Genehmigung nach dem BImSchG angeknüpft werden. Das Unternehmen, das den konkreten Einsatz der Anlage bestimmt, also vereinfacht gesprochen die Leitwarte besetzt, ist Betreiber. In allen hier bekannt gewordenen Fällen, ist das dasjenige Unternehmen, das sowohl Strom und Wärme – ggf. auch an Weiterverteiler – verkauft und den Brennstoff einkauft. Die auch wirtschaftliche Verantwortung dieses Unternehmens führt auch zur Versteuerung nach dem Körperschaftssteuergesetz. Die Eigenschaft als EVU gemäß § 2 Abs. 3 EnWG ist Indiz.
Die Form der Finanzierung des Unternehmens über Fonds oder Anlagegesellschaften (ostdeutsche Fondslösungen) oder Vereinbarungen mit Gesellschaftern über die Höhe der abzuführenden Gewinne und ihre Ermittlung oder Beherrschungsverträge haben dagegen keine Bedeutung.

Wer trägt die Anschlusskosten?
Die Anschlusskosten trägt der Betreiber der KWK-Anlage.