Perspektive der Fernwärme, 70/70- & 40/40-Strategie

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Abwärmeleitfaden des AGFW

Leitfaden zur Erschließung von Abwärmequellen für die Fernwärmeversorgung

Fernwärme aus erneuerbaren Energien bildet eine Schlüsseltechnologie für das Gelingen der Energiewende in Deutschland. Besonderes Potential steckt dabei unter anderem in der stärkeren Nutzung von Abwärme. Wie groß das Potenzial der Abwärme von Rechenzentren, Produktionsstätten und weiteren Branchen ist, belegt der neue Abwärmeleitfaden des AGFW.

Nach konservativen Schätzungen kann die Kombination aus Abwärmenutzung in Fernwärmenetzen mit dem Neuanschluss bisher einzelversorgter Gebäude mindestens 19 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Das entspricht rund 40 Prozent der im deutschen Klimaschutzplan vorgesehenen Einsparungen im Gebäudesektor bis 2030. Damit das große Potential der Abwärme genutzt werden kann, müssen jedoch die politischen Rahmenbedingungen verbessert werden.

Einheitliche Definition der Abwärme erforderlich

Abwärme ist für viele Unternehmen noch schwer greifbar, weil es in heutigen Gesetzen und Förderrichtlinien unterschiedliche Definitionen dafür gibt. Zur besseren Einordnung fordern die Autoren eine bundeseinheitliche Definition. Im Rahmen des Leitfadens wurde dazu ein Vorschlag erarbeitet:

  • Abwärme ist Wärme, die in einem Prozess entsteht, dessen Hauptziel die Erzeugung eines Produktes oder die Erbringung einer Dienstleistung (inkl. Abfallentsorgung) oder einer Energieumwandlung ist, und die dabei als ungenutztes Nebenprodukt an die Umwelt abgeführt werden müsste.
    Inbegriffen sind:
    • Produktion (z. B. Raffinerien, Stahlverarbeitung, Chemische Industrie)
    • Dienstleistung (z. B. Rechenzentren, Wäscherein, Datenverarbeitung, Kühlhäuser, Abwasser)
    • Abfallentsorgung (z. B. Thermische Abfallentsorgung, Abwasserentsorgung)
    • Energieumwandlung (z. B. Kondensationskraftwerke, Abgaswärme, Bereitstellung von Systemdienstleistungen)

Forderungen zur verbesserten Nutzung von Abwärme

Die Erschließung und Nutzung bestehender Abwärmepotenziale in Deutschland ist heute mit diversen Herausforderungen und Hemmnissen verbunden. Zentral sind einmal mehr die ökonomischen Herausforderungen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen, aber auch fehlende Geschäftsmodelle, Standards sowie eine effiziente und angemessene Förderlandschaft. Eine signifikante Steigerung der Abwärmenutzung erfordert:

  • Ein klares Bekenntnis des Gesetzgebers zu Abwärme als Teil einer langfristigen Dekarbonisierungsstrategie der Fernwärme, die den erneuerbaren Energien gleichgestellt ist
  • Abwärme jeglicher Herkunft muss als 100 Prozent CO2-frei anerkannt werden
  • Leicht zugängliche und für Wärmenetzbetreiber verwertbare Daten über direkte und latente Abwärmepotenziale
  • Rechtliche, politische und finanzielle Rahmenbedingungen, die Industrieunternehmen und Wärmeversorgungsunternehmen gleichermaßen veranlassen, Abwärme zu nutzen
  • Integration der Abwärme in kommunale und regionale Planungen als Bestandteil zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit im Wärmesektor

Der Wärmebedarf für Raum- und Prozesswärme ist für rund ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen und den Wärmesektor bis 2050 klimaneutral zu gestalten, muss auch das erhebliche Abwärmepotenzial bei Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen und Handel genutzt werden.

Ziel des Abwärmeleitfadens ist es, die unterschiedlichen Stakeholder bei der Überwindung der Hürden und Hemmnisse zu unterstützen und die Politik bei der Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen zu beraten.

 

Werner Lutsch, Geschäfts-führer AGFW e.V.

Begrüßung und Einleitung. Downloaden Sie hier die Präsentation

Julien Mounier, Vorstands-vorsitzender Stadtwerke Düsseldorf AG

Wärmepartnerschaften und Abwärmenutzung – eine nachhaltige Option für die Fernwärme. Keine Präsentation vorhanden

Dr. Susanne Stark, Stadt-werke Düsseldorf AG

Vorstellung des Leitfadens zur Erschließung von Abwärmequellen für die Fernwärme-versorgung. Downloaden Sie hier die Präsentation

Dr. Armin Kraft, Geschäfts-führer EEB ENERKO Energiewirtschaftliche Beratung GmbH

Abwärmenutzung in Wärmenetzen – Herausforderungen und Umsetzungsbeispiele. Downloaden Sie hier die Präsentation

Franz-Wilhelm Iven, Ministerium für  Wirtschaft, Inno-vation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW

Industrielle Abwärme als ein Kernelement der Transformation der Fernwärme in Nordrhein-Westfalen. Downloaden Sie hier die Präsentation

Dr. Ulrich Liebenthal, Wärme Hamburg GmbH

Abwärme als Baustein der Wärmewende in Hamburg. Downloaden Sie hier die Präsentation

Lisa Winking, Uniper Wärme GmbH
Dr. Eric Jennes, BP Europa SE

Partnerschaftliche Projektentwicklung zwischen Uniper und BP – Abwärmeauskopplung aus einer Raffinerie. Downloaden Sie hier die Präsentation

Harald Höflich, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft  Baden-Württemberg

Abwärmekonzept des Landes Baden-Württemberg. Downloaden Sie hier die Präsentation

Oliver Tietjen, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Förderung von Abwärmeprojekten durch das BMWi. Wird nicht verteilt

Weitere AGFW Leitfäden z.B. zu Solarthermie und Großwärmepumpen finden Sie im Bereich "Praxisleitfäden".


Perspektive der Fernwärme

Maßnahmenpaket 2030

Hier können Sie die Kurzfassung der Studie downloaden.
Hier können Sie die Langfassung der Studie downloaden.

In nahezu allen aktuellen Langfristszenarien wird Fernwärme als einer der zentralen Schlüssel für die urbane Wärmewende identifiziert. Die Erzeugung und Verteilung erneuerbarer Wärme durch Fernwärme ist außerdem ein sozialverträgliches Mittel, um den Gebäudebestand bis spätestens 2050 klimaneutral zu versorgen und die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 90% oder mehr zu reduzieren. Um dieser Rolle gerecht zu werden, sind jedoch umfangreiche technische Maßnahmen notwendig, die von der Umstellung der Wärmeerzeugung auf erneuerbare und klimaneutrale Energieträger bis hin zum Ausbau und zur Verdichtung der Fernwärme reichen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen benötigt entschlossene politische Weichenstellungen.

Die Studie „Perspektive der Fernwärme“ zeigt, wie hoch das Potenzial der Fernwärme im Wärmemarkt ist und mit welchen Optionen Fernwärme zukünftig klimaneutral und sozialverträglich produziert werden kann. Neben den notwendigen Investitionen und dem möglichen Förderbedarf werden regulatorische Rahmenbedingungen skizziert, die diesen Prozess unterstützen. Sie stellt somit die logische Weiterentwicklung der  vielbeachteten 70/70- und 40/40-Strategien des AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. dar.

Dabei ist die Politik aufgefordert, das ökonomische und regulatorische Umfeld sowie die Förderkulisse passgenau zu gestalten, indem beispielsweise Förderprogramme mit einer langfristigen Perspektive und einer ausreichenden finanziellen Ausstattung geschaffen werden.

1. Einsparpotenziale

Durch einen kontinuierlichen Aus- und Umbau der Fernwärme können bis 2030 rd. 39 Millionen t CO2-Emissionen im Gebäudesektor zusätzlich eingespart und der Anteil der Fernwärme am Wärmebedarf der Gebäude auf 30% erhöht werden. Der Anteil erneuerbarer und klimaneutraler Wärme in der Fernwärme kann auf 45% steigen. So kann die Bundesrepublik Strafzahlungen im Rahmen der Lastenteilungsverordnung vermeiden und zwischen 1,9 und 3,9 Milliarden Euro einsparen.

2. Investitionen und Förderbedarf

Zur Erreichung der gesteckten Ziele sind bis 2030 Gesamtinvestitionen von 33 Milliarden Euro notwendig. Da die Erzeugungskosten erneuerbarer Wärme heute noch höher liegen als die aus fossilen Brennstoffen und umfangreiche Investitionen in die Wärmenetze notwendig sind, ergibt sich ein Förderbedarf in Höhe von 17,4 Milliarden Euro bis 2030 bzw. 1,74 Milliarden Euro pro Jahr. Das geplante Programm „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“ (BEW) hat das Potenzial, diese Förderlücke zu schließen.

3. Übergeordnete Rahmensetzung

Auch bedarf es einer Anpassung des regulatorischen Rahmens, da die bestehenden Fehlanreize im Abgabensystem erheblich sind. Eine Verbesserung der ökonomischen Rahmenbedingungen für erneuerbare und klimaneutrale Wärme gegenüber fossilen Brennstoffen ist auch für eine fiskalisch durchzuhaltende Förderpolitik unabdingbar. Da Preissignale jedoch alleine nicht ausreichen, verbleibt ein Bedarf an Steuerungsinstrumenten.

4. Ausbau Fernwärme

Um den Ausbau der Fernwärme zu fördern, sind neben den im BEW zusammengeführten Förderungen neue Formen der Förderung denkbar, die auf einen definierten Ausbaupfad zum Neuanschluss von Wärmekunden sowie auf einen möglichst effizienten, wettbewerblich gestalteten Mitteleinsatz zielen. Zusätzlich bedarf es eines Perspektivwechsels der Wärmelieferverordnung. Anstatt Werte retrospektiv zu ermitteln, sollten als Benchmark die antizipierten zukünftigen Kosten einer Wärmewende-kompatiblen dezentralen Wärmeversorgung dienen.

5. Dekarbonisierung Fernwärme

Es bedarf einer instrumentellen Unterstützung der Fernwärmeerzeuger, mit der auch ohne verbundene KWK-Anlagen erneuerbare Energien in die wirtschaftliche Anwendung gebracht werden können. Hier können auch ordnungsrechtliche Elemente, wie etwa eine Nutzungspflicht für erneuerbare Energien in Gebäuden, einen Beitrag leisten.

6. Strategische Wärmeplanung als übergreifende Aufgabe

Die strategische Wärmeplanung sollte als Leitinstrument umsetzungsorientiert eingeführt werden. Förderleitlinien des Bundes und der Länder sollten daher zukünftig den Vorbehalt enthalten, dass nur solche Maßnahmen gefördert werden, die kompatibel mit etwaigen kommunalen Wärmeplänen sind.

  • Der kontinuierliche Aus- und Umbau der Fernwärme weist aufgrund einer Wirtschaftlichkeitslücke der Erzeugung erneuerbarer und klimaneutraler Wärme gegenüber der aus fossilen Brennstoffen einen Fördermittelbedarf von 17,4 Milliarden Euro bis 2030 auf. Da durch ihn jedoch bis 2030 39 Millionen t CO2-Emissionen und Strafzahlungen im Rahmen der Lastenteilungsverordnung der EU vermieden werden können, kann die Bundesrepublik im Zeitraum von 2021 bis 2030 1,9 bis 3,9 Milliarden Euro einsparen. Das BEW besitzt das Potenzial, diese Förderlücke zu schließen.
  • Fördermittel alleine reichen jedoch nicht aus, um den notwendigen Aus- und Umbau der Fernwärme anzuregen. Es bedarf zusätzlich einer Reihe von regulatorischen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen, um zusätzliche Investitionen in den Aus- und Umbau der Fernwärme anzuregen.
  • Der Aus- und Umbau der Fernwärme stellt im Gegensatz zu Effizienzmaßnahmen einen sozialverträglichen, zuverlässigen und kosteneffizienten Weg zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor dar.

Die 40/40-Strategie des AGFW

Unser Konzept für die Wärmewende

Hier können Sie die 40/40-Strategie downloaden.

Nationale Energie- und Klimaschutzziele im Rahmen der Energiewende stehen seit gut einem Jahrzehnt im Fokus von Politik und Gesellschaft. Im Hinblick auf die Tatsache, dass nahezu 50% des Primärenergiebedarfs in Deutschland im Bereich der Wärmeversorgung entsteht (s. Abbildung 1), bedarf es ebenso einer Wärmewende, um die angestrebten Emissionseinsparungen bis 2050 zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund stellte der AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. (AGFW) bereits mit der vielbeachteten 70/70-Strategie, eine Studie, welche die 70 größten deutschen Städte betrachtete, sein Wärmekonzept für die Zukunft vor. Die 70/70-Strategie schließt bereits 30 % der Bevölkerung in die Wärmewende ein. Mit der 40/40-Strategie können durch Einbindung von 40 % aller deutschlandweiten Gemeinden nun über 85 % der Bevölkerung in das Wärmekonzept einbezogen werden. Dies wird durch  die Ausweitung der Betrachtung auch auf Mittel-  und  Kleinstädte möglich (s. Abbildung 2). Damit folgt die 40/40- einer Empfehlung der 70/70-Strategie und zeigt Möglichkeiten auf, wie künftig durch den  Fernwärmeausbau wirtschaftliches Potenzial, Arbeitsplatzeffekte und kommunale Wertschöpfung in den Städten und Gemeinden gefördert werden kann.

Dabei bildet das Zusammenspiel zwischen politischen Entscheidungsträgern, Initiativen der Kommunen und der Versorgungsunternehmen ein wesentliches Grundgerüst zur Umsetzung notwendiger Maßnahmen für zukünftige Energieeffizienz und die Einhaltung der Obergrenzen für Treibhausgasemissionen in den Städten und Gemeinden in Deutschland.

Die  nationalen  Energie-  und  Klimaschutzziele  mit der Energiewende stehen seit gut einem Jahrzehnt im Fokus von Politik und Gesellschaft. Von zentraler Bedeutung sind daher Strategien für eine energieeffiziente Stadt in der Stadtpolitik und -planung, um die gesetzten Ziele auch zu erreichen. Dabei bildet das Zusammenspiel von Initiativen der Kommunen und der Versorgungsunternehmen ein wesentliches Grundgerüst zur Umsetzung notwendiger Maßnahmen für die zukünftige Energieeffizienz und die Einhaltung der Obergrenzen für Treibhausgasemissionen in den Städten und Gemeinden in Deutschland.  Im Hinblick auf  die Tatsache,  dass  nahezu  50 %  des  gesamten Primärenergiebedarfs  in  Deutschland  im  Bereich der Wärmeversorgung entsteht, ist eine Einbindung der Fernwärme mehr als notwendig und der Schlüssel für eine erfolgreiche Strategie. Eine angestrebte Wärmewende  geht  damit  Hand  in  Hand mit  aktuellen  Entwicklungen  im Rahmen  der  Energiewende, wie die Studie konkret verdeutlicht.
Abb. 1: Energieverbrauch nach Anwendungsbereichen in Deutschland 2016 (eigene Darstellung nach BMWi 2018)
Abb. 2: Ausbau der Fernwärmeversorgung gemäß der 40/40 Strategie (M. Blesl, IER)

Folgende Effekte der 40/40-Strategie können daher nochmals stichwortartig zusammengefasst werden:

1. Treibhausgasemissionen werden reduziert

Durch die Realisierung der 40/40-Strategie und im Zusammenspiel mit der energetischen Gebäudesanierung kann bis 2050 eine Reduktion der CO2-Emissionen um ca. 80 % erreicht werden (ggü. 1990).

2. Anteil der erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung steigt

Laut Studie kann der Anteil der erneuerbaren Energien in der Fernwärmeerzeugung bis 2050 auf 73 % erhöht werden. Der Erzeugungsmix wird sehr viel breiter aufgestellt sein und bis 2050 einen hohen Anteil erneuerbarer Energien und Abwärme aufweisen.

3. Arbeitsplätze werden gesichert und neue geschaffen

Mit der Umsetzung der 40/40-Strategie sind positive Arbeitsplatzeffekte verbunden. Jede Million Euro Umsatz, die mit der Ausbaustrategie erwirtschaftet wird, steht für ca. 7 bis 9 Arbeitsplätze in den Kommunen.

4. Wertschöpfung in der Region wird generiert

Der Ausbau der Fernwärme mit erneuerbaren Energien generiert bis 2050 eine erhebliche regionale Wertschöpfung. Bezogen auf die hierfür erforderlichen Investitionen entfallen auf jeden Euro ca. 45-72 Cent - im Mittel 60 Cent - regionale Wertschöpfung, die in der Region verbleiben.

Abb. 3: Die Wertschöpfungsprozesse im Überblick (Graphik B. Tenberg, Jung Stadtkonzepte)
Abb. 4: Regionale Wertschöpfung je Investition und Gemeindekategorie (Graphik B. Tenberg, Jung Stadtkonzepte)
  • Die  deutliche  Reduktion  der  CO2-Emissionenen und Einbindung Erneuerbarer Energien ist auf den ersten Blick mit Mehrkosten im Fernwärmeausbau und der Versorgung verbunden. Aufgrund hierfür notwendiger höherer Investitionen in der Ausbauphase  bis  2030,  ergibt  sich  eine Wirtschaftlichkeitslücke  für  die  Umsetzung  der  40/40-Strategie.  Daher  ist  es  notwendig  für  die  Unternehmen, die im Wettbewerb agieren, Investitionsanreize zu  schaffen.
  • Die höheren Investitionen tragen sich langfristig. Gemeinden und lokale Branchen profitieren über regionale Wertschöpfung und den damit verbundenen Arbeitsplatzeffekten vom in der 40/40-Strategie aufgezeigten Ausbaupfad der Fernwärme. Hochgerechnet auf  ganz  Deutschland,  löst  im  Mittel  jeder investierte Euro einen regionalen Umsatz von 5,20  Euro aus, der wiederum rund 0,60 Euro regionale Wertschöpfung erzeugt (s. Abbildungen 3 und 4).
  • Die 40/40-Strategie fördert damit nicht nur das Klima, den Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung sowie das Erreichen der Emissionseinsparziele, sondern stärkt auch die regionale Wirtschaft in Mittelstädten und dem ländlichen Raum.

Die 70/70-Strategie des AGFW

Energiewende 4.0 - diesmal richtig!

Hier können Sie die 70/70-Strategie downloaden.

Über 80 % der Emissionen weltweit entstehen in den Städten und Metropolregionen. Daher findet sich hier der größte Hebel zum effizienten Umgang mit Primärenergie und zur Reduktion von Emissionen. Verstanden haben das bereits viele. Die UN wirbt in ihrer aktuellen Nachhaltigkeitsinitiative „District Energy in Cities/Unlocking the Potential of Energy Efficiency and Renewable Energy“ dafür, die Europäische Kommission hat es verstanden und das Thema „District Heating and Cooling“ in dem Mittelpunkt ihrer Zukunftsstrategie gestellt. Die Skandinavier haben es längst getan, die Wärmeversorgung ihrer Städte in Fernwärme und Kraft-Wärme-Kopplung ausgebaut und wir in Deutschland haben in dieser Technologie eine über 120-jährige Tradition, die jetzt wieder in den Vordergrund treten muss: Das Zauberwort heißt „Energieeffizienz“; denn allein durch Dämmung werden unsere Städte ihre CO2-Reduktionsziele nicht erreichen. Erst die Kombination von maßvoller, bezahlbarer Sanierung und der richtigen (Fern-)Wärmeversorgung führen auf lange Sicht zu den gesteckten Zielen von „klimaneutralen“ Städten.

Nahezu 50 % des gesamten Primärenergieverbrauchs in Deutschland geht auf das Konto der Wärmeversorgung. Als Hocheffizienztechnologie leistet die KWK schon heute einen unverzichtbaren Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz in Deutschland. Dabei wirken KWK-Anlagen durch ihre dezentralen und verbrauchsnahen Standorte netzentlastend und -stabilisierend zugleich. Vielfach ermöglicht jedoch erst die Infrastruktur der Wärmeverteilung (Fernwärme) die sinnvolle Einbindung von KWK und erneuerbaren Energien in die Wärmeversorgung von Städten. Darüber hinaus tragen sie heute und in Zukunft zu einem Mehr an Flexibilität und Versorgungssicherheit bei. Denn im Zusammenspiel von KWK-Anlage, Wärmenetz und Wärmespeicher ist das System sowohl für den Strom- als auch den Wärmemarkt smart, zukunftssicher und gesellschaftlich akzeptiert.

Um dies mit Zahlen und Fakten belegbar in die aktuelle Energiewendedebatte einbringen zu können hat der AGFW-Vorstand die „70/70-Strategie“ initiiert. Die Studie des IER der Universität Stuttgart und des Fraunhofer IFAM aus Bremen betrachtet die 70 einwohnerstärksten Städte Deutschlands unter dem Aspekt eines konsequenten Ausbaus der Infrastruktur Fernwärme, gespeist aus KWK und Erneuerbaren Energien, mit der Zielestellung einer Klimaneutralität bis 2050. Erreicht wird dies durch die 70 % Wärmeversorgung mit Fernwärme.

Beleuchtet werden in der Studie volkswirtschaftliche Effekte wie das Erlangen von Treibhausgas-Minderungszielen und deren CO2-Vermeidungskosten, betriebswirtschaftliche Effekte im Hinblick auf den Ausbau der Fernwärmeverteilung bzw. –bereitstellung, regionale Effekte mit Bezug auf die lokale Wertschöpfung sowie insgesamt der Beitrag zur Zielerreichung der Energiewende durch den Ausbau dieser Technologien.

In den 70 einwohnerstärksten Städten in Deutschland leben derzeit rund 24 Mio. Menschen, das entspricht knapp 30 % der Gesamtbevölkerung von Deutschland. Gleichzeitig beträgt die Siedlungsfläche dieser Städte nur 16 % der Siedlungsfläche in Deutschland, dementsprechend weisen diese Großstädte eine höhere Bevölkerungsdichte auf. Dadurch ergibt sich auch eine höhere Wärmebedarfsdichte pro km².

Insgesamt beträgt die Wärmenachfrage innerhalb der betrachteten Städte rund 30 % der Wärmenachfrage der Wohn- und Nichtwohngebäude in Deutschland. Im Hinblick auf die Fernwärmeversorgung der Haushalte und des Bereiches Gewerbe/Handel/Dienstleistungen werden innerhalb dieser Städte ca. 131 PJ Fernwärme abgesetzt. Dies entspricht mit 52 % etwas mehr als der Hälfte des gesamten Fernwärmeabsatzes innerhalb dieser Sektoren in Deutschland (gesamt). 
Der Ausbau der Fernwärmeversorgung ist in erster Linie eine Investition in eine Infrastruktur, wodurch die Möglichkeit geschaffen wird, zukünftig auf jegliche energiepolitische Herausforderungen flexibel zu reagieren.
 

Zusammengefasst kommt die Studie zu folgenden Hauptaussagen:

  1. Die 70 einwohnerstärksten Städte in Deutschland können ihr Ziel der Klimaneutralität, mit dem Umsetzten der Strategie erreichen. Mittelfristig, bis 2030 werden unabhängig vom unterstellten Ausbaupfad und der Erzeugungsvarianten der Fernwärme die energiepolitischen Treibhausminderungsziele erfüllt. Die Fernwärmeversorgung kann 2030 17 bis 23 Mio. t CO2 in den betrachteten Städten vermeiden; bis zum Jahr 2050 werden bis 32 Mio. t CO2 eingespart.
  2. Der KWK-Stromanteil wird bis 2020 um 5 Prozentpunkte und bis 2030 um 9 Prozentpunkte steigen. Mit der Umsetzung der 70/70 Strategie kann das 25%-KWK-Stromziel der Bundesregierung im Jahr 2030 erreicht werden.
  3. Die 70/70 Strategie ist ein kostengünstiges Instrument zur Umsetzung der Energiewende. Dafür sind bis 2030 lediglich Investitionen in Höhe von 35 Mrd. Euro und bis 2050 in Höhe von 40 Mrd. Euro nötig. (vgl. Ausgaben von 23 Mrd. Euro pro Jahr für Erneuerbare im Strom)
  4. Je nach Grad der Nichterreichung des 70/70-Ausbauziels kumulieren sich die volkswirtschaftlichen Mehrkosten bis zum Jahr 2050 auf über 3,5 Mrd. Euro.
  5. Durch den Ausbau der Wärmenetz-Infrastruktur entstehen bis zum Jahr 2030 bis zu 12.000 neue Arbeitsplätze. Weitere 1.250 Arbeitsplätze entstehen durch den Betrieb und die Instandhaltung der Infrastruktur.
  6. Bis 2030 werden durch die 70/70 Strategie kommunale Wertschöpfungseffekte zwischen 9,6 und 12,2 Mrd. Euro erzielt (EK-Steuer, Nettobeschäftigung, Gewerbesteuer und Unternehmensgewinne). Der direkte und indirekte Beschäftigungseffekt sorgt für eine Verdopplung dieser Wertschöpfung bis 2050.
  7. Der zusätzliche jährliche Effekt  der kommunalen Wertschöpfung durch die Betriebsführung beträgt je nach Erzeugungstechnologie zwischen 22 Euro und 215 Euro je kW installierter Fernwärmeerzeugungsleistung
  8. Und nicht zuletzt - was oft übersehen wird - bis zu 70 Cent von 1 Euro den der Kunde für Fernwärme bezahlt bleiben vor Ort! Zum Vergleich, bei Erdgas sind dies rund 25 Cent, bei Heizöl lediglich 7 Cent.

KWK in Verbindung mit der Infrastruktur Fernwärme ist die Effizienztechnologie an sich. Mit dem konsequenten Ausbau dieser Technik werden die weniger effizienten Technologien der Strom- und Wärmeversorgung zunehmend aus dem Markt verschwinden. Da die Treibhausgasemissionen des heutigen KWK/Fernwärme-Mix bereits die Anforderungen der Bundesregierung für das Jahr 2050 im Wärmemarkt unterschreiten, ist dieses eine konsequente Strategie für eine funktionierende und bezahlbare Energiewende.
 
Das KWK/Fernwärme-System – der Schlüssel zum Erfolg der Energiewende  
Energieversorgungssysteme in hochentwickelten Volkswirtschaften müssen den höchsten Grad an Versorgungssicherheit, verbunden mit Ressourcen-, Klima- und Umweltschutz zu wirtschaftlich vertretbaren Preisen gewährleisten.
Die effizienteste Technologie zur Herstellung von Strom und Wärme mit höchsten Wirkungs- und Nutzungsgraden (rund 90%) ist heute das Kraft-Wärme-Kopplung/Fernwärmesystem im Zusammenspiel mit Wärmespeichern.

Das bedeutet:
- energieeffizient und klimafreundlich durch günstigen Primärenergiefaktoren d.h. Primärenergie-Einsparung im Mittel bis zu 50 % und der Möglichkeit zukünftig Wärme aus „Erneuerbaren“ problemlos in die Fläche zu bringen
- versorgungssicher durch reduzierte Importabhängigkeit von Energierohstoffen, vergleichsweise leichten Brennstoffwechsel bei der Gesamtversorgung und im Notfall Eigenversorgung der Städte bzw. Metropolregionen
- wirtschaftlich und sozial durch geringe und gedeckelte Förderung bei niedrigsten CO2-Vermeidungskosten sowie zusätzliche lokale Arbeitsplatzeffekte und steuerliche Refinanzierung, preiswerte Regelenergie-Beiträge. Zudem ist Fernwärme rein regionale Wertschöpfung!

Das KWK/Fernwärme-System kann …
… Flexibilität für den Strommarkt befördern
Im Bereich der kurzfristigen Regelung von Stromnachfrage und –angebot bieten hochflexible KWK-Anlagen eine gute Möglichkeit Schwankungen im Strommarkt auszugleichen. Sie leisten damit schon heute einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland.
… Zukunftsfähigkeit über Power2Heat herstellen
Der hohe Anteil an wechselhaft verfügbaren erneuerbaren Energiequellen und deren Einfluss auf das Stromsystem wird in Zukunft weiterhin stark zunehmen. Power to Heat bietet hier eine sinnvolle Ergänzung des KWK-Systems. Denn in Zeiten von erneuerbaren Überschuss-Strom wird Strom in Wärme über  einen „Heizstab“ gewandelt. Dies wirkt nicht nur netzstabilisierend, sondern auch kostendämpfend.
… CO2-Ziele erreichen
Über den Einsatz von hocheffizienter KWK, mit einem Anteil von 15 % an der gesamtdeutschen Stromerzeugung, werden bereits heute pro Jahr rund  56 Mio. t CO2 gegenüber einer ungekoppelten Erzeugung eingespart. Bis zum Jahr 2020 kann der Anteil auf über 80 Mio. t CO2  pro Jahr ansteigen (siehe Prognos-Studie für BMWi).
… Erneuerbare Energien für den Wärmemarkt sichern
Das KWK/Fernwärme-System ermöglicht im Verhältnis eine kostenarme Brennstoffumstellung sowie die frühzeitige Einbindung von nahezu sämtlichen erneuerbaren Energiequellen, wie beispielsweise Geothermie, Biomasse, Biogas und großflächiger Solarthermie.

… Lösungen für den Mietwohnbereich schaffen
Im Mietwohnbereich bietet der Fernwärmeanschluss Vorteile sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter: Nicht nur das schon heute fernwärmeversorgte Gebäude im bundesweitem Vergleich den niedrigsten Heizenergieverbrauch und damit die niedrigsten CO2-Emissionen aufweisen, sondern sie bieten dem Mieter auch Komfort, Effizienzgewinn  und Preisstabilität in Zeiten der zunehmend volatiler werdenden Brennstoffpreise und Märkte. Dem Vermieter bieten Sie die Sicherheit im Hinblick auf Erfüllung gesetzlicher Anforderungen (Energieeinsparverordnung, EEWärmeG) und zeitliche Flexibilität bei seinen Investitionsentscheidungen.

… Energiewende bürgernah gestalten
Das KWK/Fernwärme-System ist für die Gesellschaft günstiger und damit auch sozialer als jede andere Form der CO2-Vermeidung. Denn das System wird grundsätzlich dezentral und verbrauchernah errichtet und vermeidet damit den kurzfristig forcierten und teuren Ausbau von Hochspannungsnetzen. Zudem greift es nicht in die Freiheiten des Einzelnen ein, bedeuten für den Endkunden keine großen Investitionen und trägt dazu bei, den zukünftigen Strom- und Wärmemarkt zu einem Maximum zu flexibilisieren. Der Bürger/die Gesellschaft ist jederzeit vollumfänglich über die Technologie, den Nutzen, seine Vorteile, den Komfort und die Kosten informiert.