Fernwärme in der Gaskrise

Energiewirtschaft, Recht & Politik / Energiewende & Politik / Fernwärme in der Gaskrise

Vom russischen Angriff auf die Ukraine bis heute

Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 begann in Deutschland und Europa die sich immer weiter verschärfende Energiekrise. Die Bundesregierung setzte sich das Ziel, die Gasspeicher, die teilweise im Besitz russischer Unternehmen waren, zügig zu füllen. Mit der schrittweisen Reduktion der Erdgaslieferungen nach Deutschland und Europa über die Osteseepipeline Nordstream 1 verschärften sich die ohnehin schon drastisch gestiegenen Preise für Gas auf den Spotmärkten noch mehr. Am 30. August erreichte der European Gas Spot Index mit einem Preis von 313 Euro pro Megawattstunde ein Allzeithoch.

Da Fernwärme zu fast 50 Prozent aus Gas erzeugt wird, trifft der Preisansteig die Fernwärmeversorger ganz besonders. Als Spitzenverband für den Wärmesektor arbeiten wir fortlaufend daran, die Standpunkte der Branche der Bundesregierung zu vermitteln. Daher beteiligen wir uns mit Stellungnahmen, Pressemitteilungen und direkten Gesprächen an den derzeit zahlreichen Gesetzesänderungen im Energiesektor, damit auch die Fernwärmeversorger und ihre Kunden finanziell entlastet werden.

Das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) wurde am 15.12.22 vom Bundestag und einen Tag später vom Bundesrat beschlossen.

Das Gesetz sieht vor, Wärmekunden ein Basiskontingent zu einem gedeckelten Referenzpreis zur Verfügung zu stellen. Für den Wärmebezug über dieses Kontingent hinaus wird der aktuelle Marktpreis fällig.

Umsetzung

Wie bereits von der Dezember Soforthilfe bekannt, erfolgt die Entlastung der Wärmekunden über die Versorgungsunternehmen. Diese erhalten im Gegenzug eine finanzielle Erstattung durch den Bund. Im Gegensatz zur Soforthilfe erfolgen Kundenentlastung und Beantragung der Erstattung aber nicht nur einmalig, sondern kontinuierlich während der Geltungsdauer des EWPGB. Die Entlastung der Kunden erfolgt monatlich. Die Erstattungszahlung ist hingegen quartalsweise zu beantragen.

Um die Entlastung für die finanzielle Kompensation der Wärmekunden rechtzeitig zu erhalten, ist eine zeitnahe Beantragung durch die WVU nötig. Der AGFW hat eine Umsetzungshilfe erarbeitet, um seinen Mitgliedern bei diesem Prozess zur Seite zu stehen. Darin werden die Verfahren zur Ermittlung der zu entlastenden Wärmekunden, zur Ermittlung des Entlastungsbetrags und zum Ablauf des Prüf- und Antragsverfahrens erläutert. Abschließend wird auf ergänzende Fragen eingegangen.

Die aktuelle Version der Umsetzungshilfe (Version 1.0) steht hier zur Verfügung. In Abstimmung mit den zuständigen Stellen und den AGFW-Gremien wird sie laufend ergänzt.

Antragsportal

Das Antragportal über das die WVU die Vorauszahlungen beim Staat beantragen können, ist seit dem 09.01.2023 freigeschaltet. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen PwC ist, wie bereits für die Umsetzung der Soforthilfe, Beauftragter für das Antragsportal. Hier gelangen Sie zu dem Portal.

Das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) wurde am 10.11.22 vom Bundestag beschlossen. Gegenüber dem Kabinettsentwurf vom 02.11.2022 gab es für Wärmeversorgungsunternehmen (WVU) nur minimale Änderungen.

Änderungen gegenüber Gesetzesentwurf

Der Kreis der Wärmekunden, die unabhängig von ihrem Jahresverbrauch kompensationsberechtigt sind, wurde an die erdgasseitigen Regelungen angepasst. Weiterhin gilt die Kompensationspflicht gegenüber allen Kunden mit einem Jahresverbrauch von bis zu 1,5 GWh. Unabhängig von dem Verbrauch erhalten neben Vermietern von Wohnraum, Wohnungseigentümergesellschaften und Bildungseinrichtungen auch Pflege-, Reha- und Vorsorgeeinrichtungen sowie Kindertagesstätten die Dezember-Kompensation. Außerdem sind WVU verpflichtet, ihre Kunden darüber zu informieren, dass die Kompensation aus finanziellen Mitteln des Bundes erfolgt.

Die Plausibilitätsprüfung der im Rahmen des Antragsverfahrens gemachten Angaben wird durch das Wirtschaftsunternehmen PWC durchgeführt. Das Onlineportal, unter dem die Prüfanträge gestellt werden können, soll nach AGFW-Informationen in der zweiten Hälfte der KW 46 zur Verfügung stehen.

Umsetzungshilfe

Um die Entlastung für die finanzielle Kompensation der Wärmekunden rechtzeitig zu erhalten, ist eine zeitnahe Beantragung durch die WVU nötig. Der AGFW hat eine Umsetzungshilfe erarbeitet, um seinen Mitgliedern bei diesem Prozess zur Seite zu stehen. Darin werden die Verfahren zur Ermittlung der kompensationsberechtigten Wärmekunden, zur Ermittlung des Kompensationsbetrags und zum Ablauf des Prüf- und Antragsverfahrens erläutert. Abschließend wird auf ergänzende Fragen eingegangen.

Ablaufplan zur Umsetzung der Soforthilfe

Die aktuelle Version der Umsetzungshilfe steht hier zur Verfügung.

Zeitplan

Die für die endgültige Verabschiedung notwendige Befassung des Bundesrates mit dem Gesetz ist für den 14.11.2022 vorgesehen. Das Gesetz tritt erst mit der anschließenden Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Erfahrungsgemäß liegen zwischen der Verabschiedung und der Veröffentlichung des Gesetzes nur wenige Tage. Das Datum der Veröffentlichung ist für Wärmeversorgungsunternehmen insofern relevant, als dass die Informationspflicht gegenüber den Wärmekunden bis spätestens zwei Wochen nach Inkrafttreten umgesetzt werden muss.

Die Senkung der Umsatzsteuer auf Fernwärme – analog zur geplanten Steuersenkung auf Erdgas – ist aus Sicht der Branche ein sinnvolles und wirksames Instrument, um Wirtschaft und Verbraucher zu entlasten und dem Anstieg der Lebenshaltungskosten entgegenzuwirken. Da in der Fernwärmeerzeugung der Gasanteil bei etwa 50 Prozent liegt, steigen auch die Kosten für die Fernwärmekunden. Die Preisentwicklung folgt dem Preisanstieg auf dem Gasmarkt.

Am 30. September 2022 hat der Bundestag das Umsatzsteuergesetz angepasst. Damit wurde die Umsatz- und Mehrwertsteuer auf Fernwärme zum 1. Oktober 2022 von 19 auf 7 Prozent herabgesetzt. Die Änderung gilt bis zum 3. März 2024 pauschal auf die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz. Die pauschale Regelung bedeutet, dass die Steuersenkung unabhänig von dem eingesetzeten Energieträger zur Wärmeerzeugung gilt.

Der AGFW hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses mit einer Stellungnahme für diese Steuersenkung erfolgreich eingesetzt.

Die hausinternen Juristen haben zudem eine Umsetzungshilfe für unsere Mitgliedsunternehmen erstellt, die hier abgerrufen werden kann.

Ihre Ansprechpartner zur Umsetzungshilfe sind:

Dr. iur. Norman Fricke
Tel. (069) 6304-207
E-Mail: n.fricke@agfw.de
Wilma Pfefferl
Tel. (069) 6304-218
E-Mail: w.pfefferl@agfw.de

Die Gasumlage sollte Gasimporteure ab dem 1. Oktober 2022 die Möglichkeit geben, ihre gestiegenen Beschaffungskosten auf die Verbraucher umzulegen. Der AGFW wendete sich mit Appellen und Stellungnahmen an das zuständige Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Besonders wichtig war dem AGFW dabei, dass Fernwärmeversorger genauso behandelt werden sollten wie Gasversorger. Das heißt, der Verband hatte sich dafür eingesetzt, dass die Gasumlage von den Fernwärmeversorger an ihre Kunden weitergegeben werden könne. Das Engagement war grundsätzlich erfolgreich.

Die Gasumlage trat jedoch nie in Kraft. Kurz vor Inkrafttreten der im August beschlossennen Gasbeschaffungsumlage wurde sie von der Bundesregierung aufgrund von rechtlichen, wirtschaftlichen und umsetzungs-relevanten Gründen gestoppt.