Dekarbonisierung der Gebäude – die neue Gebäuderichtlinie
Die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie EU 2024/1275 ist am 28. Mai 2024 in Kraft getreten. Die Umsetzung der EU-Vorgaben der Richtlinie (Englisch: „Energy Performance of Buildings Directive“, EPBD) in nationales Recht muss bis zum 29. Mai 2026 erfolgen. Die EPBD enthält Vorgaben für die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und die Verringerung von Treibhausgasemissionen von Neubau und Bestand des Gebäudesektors bis 2050.
Für den Neubau sieht die EPBD die Einführung des neuen EU-Gebäudestandards der Nullemissionsgebäude vor. Dieser gilt ab 2030 für alle neuen Gebäude, bis 2050 soll der gesamte Gebäudebestand dahin umgewandelt werden. Die Definition des Nullemissionsgebäudes erfolgt in Artikel 11 EPBD. Als zentrale Vorgabe gilt, dass keinerlei CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen am Standort des Gebäudes erlaubt sind. Zweite zentrale Bedingung ist die Einführung eines maximalen Schwellenwerts für den Energiebedarf eines ZEB. Dieser muss mindestens 10 % unter dem Gesamtprimärenergieverbrauch für Niedrigstenergiegebäude liegen. Schließlich wird eine Liste an Heiztechnologien festgelegt, welche erlaubt sind, um den jährlichen Primärenergieverbrauch eines Nullemissionsgebäudes zu decken. Neben erneuerbare Energien am Standort des Gebäudes wird explizit die Versorgung durch „Energie aus einem effizienten Fernwärme- und -kältesystem“, der Definition von Art. 26 Abs. 1 der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) folgend, genannt. Die EU-Kommission wollte ursprünglich ausschließlich erneuerbare Fernwärme anerkennen. Der AGFW hatte sich intensiv dafür eingesetzt, die gesamte effiziente Fernwärme anzuerkennen – mit Erfolg.
Zudem führt die EPBD massive Sanierungsvorgaben für den Gebäudebestand ein. Dabei greifen unterschiedliche Vorgaben für Wohn- und Nichtwohngebäude. Für den Wohngebäudebestand soll der Primärenergieverbrauch im nationalen Durchschnitt bis 2030 um 16 % und bis 2035 um 20-22 % sinken. Diese enorme Einsparung an Primärenergie gilt also nicht gebäudescharf, sondern im nationalen Durchschnitt. Andere Regeln gelten für Nichtwohngebäude. Hier wurden gebäudescharfe Mindestenergiestandards eingeführt, welche ab 2030 greifen. Dafür legen die Mitgliedstaaten Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz von Nichtwohngebäuden fest, welche auf Primär- oder Endenergieverbrauch beruhen und sich auf das Basisjahr 2020 beziehen. Bis zum Jahr 2030 müssen alle Nichtwohngebäude unterhalb des Schwellenwerts von 16 % der Gesamtenergieeffizienz liegen, ab 2033 unterhalb des Schwellenwerts von 26 %. Diese Vorgabe greift „gebäudescharf“, also für jedes einzelne Gebäude. Diese Vorgaben liefern ein eindeutiges Argument pro Fernwärme. Möchte die Bundesregierung die enormen Primärenergieeinsparungen im Bestand erreichen, sind Investitionen und Fördermittel für die Fernwärme eine ideale und volkswirtschaftlich sinnvolle Lösung. In jedem Fall muss die Bundesregierung spätestens im Jahr 2026 das nationale Gebäudeenergiegesetz novellieren.