Aktuelles aus dem Bereich

Energiewirtschaft, Recht & Politik / Recht / Aktuelles aus dem Bereich

Neues zum Vertragsrecht

25.01.2021
Heute möchte ich Ihnen zum Start in das neue Jahr ein paar wichtige Neuigkeiten aus dem Vertragsrecht vorstellen. 

Zunächst nimmt das schon 2019 von Bundesjustizministerin Lambrecht angekündigte Gesetz für faire Verbraucherverträge Gestalt an. Solange jedoch kein Betriebsführungs-Contracting betrieben wird, ist die Branche hiervon glücklicherweise nicht betroffen. 

Anschließend stelle ich Ihnen zwei für die Branche bedeutsame Urteile vor: zum einen die Entscheidung des KG Berlin zum Thema Änderung der Preisänderungsklausel und zum anderen ein weiteres BGH-Urteil zu Informationspflichten über die Teilnahme an Verbraucherschlichtungsverfahren in AGB und auf der Unternehmenshomepage.

Neuer Gesetzentwurf - „Gesetz für faire Verbraucherverträge“
Kurz vor der Winterpause hat das Bundeskabinett am 16. Dezember 2020 noch einen von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf für ein Gesetz für faire Verbraucherverträge beschlossen. Ziel des Gesetzes ist, die Stellung von Verbrauchern gegenüber Unternehmen zu stärken und sogenannte Kosten- und/oder Abofallen zu beseitigen. Als wichtigste Maßnahmen hierfür sieht das Gesetz zusätzliche Bedingungen für die Wirksamkeit von Vertragslaufzeiten von über einem bis zu zwei Jahren, zusätzliche Bedingungen für automatische Vertragsverlängerungen und das Textformerfordernis für Energielieferverträge im Strom- und Gasbereich vor.

Eine Auswirkung auf die Fernwärmebranche ist unserer Ansicht nach nicht zu erwarten, soweit es um eine klassische Fern- oder Nahwärmeversorgung oder Anlagen-Contracting (mit Investitionen des Wärmelieferanten) handelt. Lediglich die Verträge über Betriebsführungs-Contracting Verträge (ohne Investitionsaufwand) unterfallen dem neuen Gesetzentwurf. Dies rührt daher, dass das Gesetz lediglich eine Anpassung des § 309 Nr. 9 BGB vornehmen soll. Für all diejenigen Produkte, die der Definition der Fernwärme nach der AVBFernwärmeV entsprechen, findet sich in § 32 AVBFernwärmeV eine speziellere Regelung, so dass § 309 Nr. 9 BGB nicht anwendbar ist.

BGH-Entscheidung zu den Anforderungen des § 36 Abs. 2 VSBG
In § 36 Abs. 2 VSBG ist geregelt, dass Unternehmen, die Verträge mit Verbrauchern abschließen, auf ihrer Homepage und im Zusammenhang mit ihren AGB erklären müssen, ob und inwieweit sie dazu verpflichtet sind, an einem Verbraucherstreitschlichtungsverfahren teilzunehmen oder freiwillig hieran teilnehmen. 
Mit Urteil vom 22. September 2020 (Az. XI ZR 162/19) hat der BGH klargestellt, dass unabhängig davon, ob ein Vertragsabschluss über die Unternehmenshomepage möglich ist, die Informationen über die Teilnahmebereitschaft stets auf der Homepage zu veröffentlichen sind. Eine Aussage, ob eine Erklärung im Impressum dem genügt oder an welcher anderen Stelle diese Veröffentlichung stattzufinden hat, ist der Senat schuldig geblieben.

Hinsichtlich der Erklärung im Zusammenhang mit den AGB wurde entschieden, dass nur eine Erklärung in den AGB selbst den gesetzlichen Vorgaben genügt. Ein gesondertes Dokument genüge weder den gesetzlichen Bestimmungen noch den Intentionen des Gesetzgebers. 

Hintergrund dieser, im Widerspruch zum Wortlaut der deutschen Regelung stehenden Entscheidung ist ein in einem ähnlich gelagerten Fall ergangenes EuGH-Urteil. Der EuGH stellt fest, dass die zugrundeliegende EU-Richtlinie über alternative Streitbeilegung (Richtlinie 2013/11/EU) in jeder Sprachfassung von „in den allgemeinen Geschäftsbedingungen“ spricht. Wille des Gesetzgebers sei, dem Verbraucher zu ermöglichen, sich in leicht zugänglicher Form Kenntnis darüber zu verschaffen, wohin er sich im Fall eines Problems wenden kann. Es soll ihm möglich sein, den Umstand, ob ein Schlichtungsverfahren angeboten wird oder nicht, zur Grundlage seiner Entscheidung für oder gegen den Vertragsabschluss zu machen. Dies könne nur sichergestellt werden, wenn eine Erklärung in den AGB selbst erfolge.
Mit seiner Entscheidung stützt der BGH die nationale Umsetzung, indem er feststellt, dass der gesetzgeberische Wille zu einer europarechtskonformen Umsetzung mit diesem Wortlaut verwirklicht worden sei. Zudem sei von Stimmen in der Literatur und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz („Ein Leitfaden für Unternehmen“) schon von jeher vertreten worden, „im Zusammenhang“ sei als „in“ zu lesen.
Entscheidung des KG Berlin zu Fernwärme-Preisänderungsklauseln
In seinem Urteil vom 29.09.2020 (Az.: 9 U 19/20) beschäftigt sich das KG Berlin mit zwei wichtigen Fragen: dem Bestehen des Rechts auf Änderung der Preisänderungsklausel nach § 4 AVBFernwärmeV und der Frage, eine fehlerhafte Arbeitspreisgleitklausel zur Gesamtnichtigkeit der Preisänderungsklausel führt.
Das KG Berlin verneint in seinem Urteil das Bestehen eines Rechts auf Änderung der Preisänderungsklausel im Wege des § 4 AVBFernwärmeV. Das Gericht argumentiert, dass es sich, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, auf das vorinstanzliche Urteil des LG Berlin und die dort zitierten Ausführungen des OLG Frankfurt a. M. (Az.: 6 U 191/17; juris Rn. 17 bis 31) bezieht und sich insbesondere Ausführungen des OLG Frankfurt a. M. vollumfänglich zu eigen macht. 

Die Diskussionen in der Literatur zum Bestehen des einseitigen Änderungsrechts sind dem Senat wohlbekannt, werden jedoch abgelehnt. 
Im Wissen um die Aufhebung des Urteils des OLG Frankfurt a. M. durch den BGH mit Urteil vom 23. April 2020 (Az.: I ZR 86/19) wurde zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung und zur Klärung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BGH zugelassen.

Erfreulicher ist die Ansicht des KG Berlin in Bezug auf die zweite Frage. Hier kommen die Richter zu dem Schluss, dass die Unwirksamkeit einer Arbeitspreisgleitklausel nicht zur Gesamtnichtigkeit der Preisänderungsklausel führt. Ddie Arbeitspreisgleitklausel und die Grundpreisgleitklausel stünden gleichberechtigt nebeneinander. Dies führe dazu, dass beide Klauseln getrennt voneinander auf ihre Wirksamkeit überprüft werden müssten.

Aufgrund der Abweichung von einer früheren Rechtsprechung des KG Berlin wurde auch für diese Rechtsfrage die Möglichkeit der Revision zum BGH zugelassen.

Ihre Ansprechpartner
Norman Fricke
Bereichsleiter Recht & Europa
+49 69 6304-207
+49 69 6304-458