Zugang zu Fernwärmenetzen

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Drittzugang zu Fernwärmenetzen

1. Durchleitung durch Fernwärmenetze

Sektorspezifische Regelungen, d.h. gesetzliche Bestimmungen, die einem Dritten einen gesetzlichen Anspruch auf Durchleitung durch Fernwärmenetze gewähren, gibt es nicht. Der Zugang zu Strom- und Gasnetzen im Wege der Durchleitung ist in §§ 20 ff. EnWG geregelt. Vergleichbare Regelungen für Fernwärmenetze gibt es nicht. Davon hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen (BT-Drucks. 15/3917, S. 47).

Die Durchleitung kann ggf. nach allgemeinen kartellrechtlichen Regelungen (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB) in Betracht kommen. Dieser kartellrechtliche Anspruch auf Durchleitung besteht nicht ohne Weiteres, sondern hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab. So sind für jeden Einzelfall komplexe technisch-wirtschaftliche Tatsachen zu ermitteln. Im Wesentlichen besteht ein kartellrechtlicher Durchleitungsanspruch gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB nur dann, wenn der Dritte auf die Nutzung gerade des Fernwärmenetzes angewiesen ist, um seine Kunden mit Wärme zu versorgen, die Durchleitung technisch möglich, dem Fernwärmeversorgungsunternehmen wirtschaftlich zumutbar und ökologisch sinnvoll ist. 

Das Bundeskartellamt hat im Rahmen seiner im Jahr 2012 abgeschlossenen Sektoruntersuchung Fernwärme ausführlich zur Frage der Durchleitung Stellung genommen. Das BKartA befürwortet anstelle von gesetzlich durchzusetzenden Zugangsansprüchen bilaterale Verhandlungen, weil jeweils die technischen Spezifikation des Wärmenetzes und der wärmeerzeugenden Drittanlage zu berücksichtigen sind. 

Die Bundesregierung spricht sich wegen der besonderen technisch-wirtschaftlichen Gegebenheiten der Fernwärmeversorgung gegen sektorspezifische Regelungen aus (BT-Drucks. 17/13675, S. IX Tz. 74). Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass Wärme ganz im Gegensatz zu Strom und Gas nicht überregional von einem Netzge­biet in ein anderes geliefert werden kann. Außerdem erkennt sie, dass sich die Durchleitung wegen des in sich abgeschlossenen Wärmekreislaufs als technisch und ökono­misch schwierig gestaltet. Die Entflechtung von Netz­betrieb, Wärmeerzeugung und -vertrieb würde deshalb allenfalls marginale wettbewerbliche Verbesserungen mit sich brin­gen, dem erhebliche administrative Kosten und Synergieverluste gegenüber stehen.

2. Einspeisung in Fernwärmenetze

Ebenso wenig gibt es sektorspezifische Regelungen, die einem Dritten einen gesetzlichen Anspruch auf Einspeisung von Wärmeenergie in ein Fernwärmenetz gewähren. Anders als bei der Einspeisung von Strom, der im KWK-Prozess (KWKG) und/oder aus erneuerbaren Energiequellen (EEG) erzeugt wird, gibt es vergleichbare Regelungen für die Einspeisung von Wärme nicht. 

Die Wärme-Einspeisung kann ggf. nach allgemeinen kartellrechtlichen Regelungen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB) verlangt werden, jedoch nur in ganz besonderen Ausnahmefällen. Das BKartA geht in der Sektoruntersuchung Fernwärme davon aus, dass im Regelfall kein Anspruch auf Wärme-Einspeisung besteht. Denn wegen des geschlossenen Wärmekreislaufs muss die von einem Dritten eingespeiste Wärmemenge mit der vom Fernwärmeversorgungsunternehmen selbst erzeugten bzw. beschafften Wärmemenge austariert werden. Außerdem kann das Fernwärmeversorgungsunternehmen überschüssige Wärmemenge nicht andernorts absetzen. Hinzu kommt, dass es bereits eigene Erzeugungskapazitäten aufgebaut hat oder langfristige Wärmebezugsverpflichtungen eingegangen ist.

3. Weiterführende Literatur

Fricke: "Kein Anspruch Dritter auf Zugang zu Fernwärmenetzen", EHP 9/2009, S. 34 ff.

Greb/Böcker: „Wettbewerbliche Öffnung der letzten Bastionen? – Netzzugangsansprüche und Regulierungsdiskussionen im Fernwärme- und Wassersektor“, RdE 2013, S. 15 ff.

Körber: „Drittzugang zu Fernwärmenetzen“, 1. Aufl. Jena 2011; 2. Aufl. Jena 2015
mit Rezensionen von Klemm, CuR 2012, S. 91 f.; Küttner/Jacob, RdE 2013, S. 52 und Recknagel, WuW 2013, S. 859 f.

Körber: "Die Fernwärmenetze zwischen Wettbewerbs- und Klimaschutz", RdE 2012, S. 372 ff.

Topp/Fricke: "Der Zugang zu Fernwärmenetzen – Nur noch eine Frage der Zeit?"CuR 2009, S. 83

Säcker/Wolf: „Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Fernwärmenetzbetreiber, RdE 2011, S. 277 ff.