BGH, Urteil vom 17. März 2004, VIII ZR 95/03

AVBFernwärmeV § 2 Abs. 2

Leitsatz:

Ein konkludenter Vertragsschluss durch Entnahme von Energie kommt grundsätzlich nicht in Betracht, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht werden.

Das klagende Versorgungsunternehmen begehrte die Bezahlung von Fernwärme, die es für die Wohnungseigentumsanlage A. in der Zeit von Januar 1999 bis einschl. Mai 2001 geliefert hatte. Die Beklagten sind die Mitglieder der für diese Wohnanlage gebildeten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die A. GmbH war in den Wärmeversorgungsvertrag, den die Klägerin mit der Firma N, der früheren Eigentümerin des Wohneigentümers, geschlossen hatte, eingetreten. Die A GmbH hat daraufhin innerhalb des Wohngebäudes gem. § 8 WEG Wohnungseigentum mit 120 Wohnungseinheiten gebildet und veräußert. Die A GmbH ist noch Eigentümerin eines Teils der Wohnungseinheiten. Die Beklagten, vertreten durch die Wohnungseigentumsverwalterin, teilten der Klägerin mit, dass nunmehr die "WEG A." mit Wirkung vom 14. Juni 2001 in den Fernwärmeversorgungsvertrag eingetreten sei. Gleichwohl hat die Klägerin ihren Entgeltanspruch aus der Belieferung des Wohnblocks A für den Zeitraum vom Februar 1999 bis Februar 2001 zunächst gegenüber der A GmbH geltend gemacht und insoweit auch zwei obsiegende rechtskräftige Urteile erwirkt. Zwischenzeitlich wurde jedoch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH mangels Masse abgewiesen.

Mit der Klage versuchte nun das Versorgungsunternehmen, die Beklagten auf Zahlung der gelieferten Fernwärme für den Zeitraum vom Januar 1999 bis Mai 2001 in Anspruch zu nehmen.

Der BGH bestätigt die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach zwischen den Parteien für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Fernwärmeversorgungsvertrag nicht zustande gekommen sei. Der ursprünglich zwischen der Klägerin und der N geschlossene Fernwärmevertrag, in den die A GmbH gemäß Erklärung vom 15. Januar 1998 eingetreten sei, sei weder durch die notarielle Beurkundung der Teilungserklärung auf die Beklagten übergegangen, noch seien diese gemäß § 32 Abs. 4 und 5 AVBFernwärmeV vor dem 14. Juni 2001 in den mit der Klägerin geschlossenen Fernwärmevertrag eingetreten.

Ebenso wenig sei durch die Entnahme der Fernwärmeenergie ein Vertrag gem. § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits abgeschlossen worden. Bei der Bereitstellung von Energie durch das Versorgungsunternehmen handle es sich um ein Vertragsangebot in Form einer Realofferte, wobei sich nach Treu und Glauben aus der Sicht des Versorgungsunternehmens bestimme, wem dieses Angebot gemacht werde. Bestehe bereits ein Versorgungsvertrag, so werde das Versorgungsunternehmen seinen Vertragspartner mit der zur Verfügung gestellten Energie versorgen wollen. Die Entnahme von Fernwärme an der Hausanschlussstation habe die Klägerin, die nach ihrem eigenen Vortrag keine Kenntnis von der Begründung des Wohnungseigentums gehabt habe, aus ihrer Sicht somit nicht als Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Versorgungsvertrages verstehen können. Der BGH bestätigt, dass die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluss fehlen, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht werden. In einem solchen Fall erbringt das Versorgungsunternehmen durch die zur Verfügung Stellung der Energie die seinem Vertragspartner geschuldete Versorgungsleistung. Um unterschiedliche Versorgungsverträge für das gleiche Versorgungsverhältnis zu vermeiden, sei grundsätzlich von dem Vorrang des durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegenüber einem Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten auszugehen.

Ebenso wenig steht der Klägerin ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber den Beklagten zu, weil die Lieferungen aufgrund eines bestehenden Wärmeversorgungsvertrages an die A GmbH erbracht worden sind.