Aktuelles aus dem Bereich

Energiewirtschaft, Recht & Politik / Energiewende & Politik / Aktuelles aus dem Bereich

Die Bundestagswahlprogramme der Parteien – Perspektiven für Fernwärme und KWK

22.06.2021
Am 21. Juni stellten CDU und CSU als letzte Parteien ihr gemeinsames Programm für die Bundestagswahl 2021 vor. Welche Perspektiven die Programme von Union, Grünen, SPD und FDP für Fernwärme und KWK beinhalten, möchten wir Ihnen gerne im Folgenden näherbringen.

Die Unionsparteien bekennen sich in ihrem Programm zur Klimaneutralität bis 2045. Wichtigstes Instrument für sie ist dabei der Emissionshandel. Den EU-ETS möchten sie auf die Sektoren Wärme und Verkehr ausdehnen, ehrgeiziger gestalten und den Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung straffen. Energiebezogene Steuern, Abgaben und Umlagen fordern die Unionsparteien im Rahmen einer Klimaeffizienzreform stärker auf den CO2-Ausstoß auszurichten. Zur Entlastung der Verbraucher soll im Gegenzug die EEG-Umlage abgeschafft werden. Als eine weitere Säule der Energiewende identifizieren CDU und CSU die Energieeffizienz, zu deren Steigerung sie u.a. auf Ausbau und Modernisierung der Wärmenetze setzen. Investitionen in Energieeffizienz und CO2-Reduktion sollen daher zukünftig durch eine schnellere Abschreibung begünstigt werden. Darüber hinaus möchten CDU und CSU Power-to-X-Technologien sowie die Entwicklung und Umsetzung von Speichertechnologien fördern. Hierzu soll u.a. die Befreiung von Speichern von Umlagen und Entgelten geprüft werden. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit setzen sie auf einen diversifizierten Energiemix. Wasserstoff planen die Unionsparteien dort einzusetzen, wo ein direkter Einsatz erneuerbarer Energien nicht möglich ist. Unabhängig vom gemeinsamen Wahlprogramm wird die CSU im Juli zusätzlich noch ihren Bayern-Plan vorlegen.

Die Grünen möchten Klimaneutralität bereits deutlich vor der Mitte des Jahrhunderts erreichen. Sie fordern daher den Kohleausstieg bis 2030 zu vollziehen und das Emissions-Reduktions-Ziel für 2030 auf 70% anzuheben. Um dieses Ziel zu erreichen, sprechen sich die Grünen für eine Anhebung des CO2-Preises im nEHS auf 60 Euro bis 2023 aus und möchten den EU-ETS reformieren. Zum Ausgleich soll u.a. die EEG-Umlage gesenkt werden. Auch sollen durch eine Reform des Energiemarktdesigns sowie eine unterstützende Reform der Steuern und Umlagen die Sektorkopplung gestärkt und Power-to-Heat-Technologien als eine Heizquelle der Zukunft vorangebracht werden. Versorgungssicherheit soll der massive Ausbau der erneuerbaren Energien gewährleisten. Neue Gas-Kraftwerke fordern die Grünen hingegen nur noch dann zu genehmigen, wenn diese Wasserstoff-ready geplant und gebaut werden. Die Fern- und Nahwärmenetze möchten die Grünen durch die Integration erneuerbarer Energien dekarbonisieren und solche verknüpften Systeme insbesondere in den Städten fördern und ausbauen. Auch die Sanierungsquote möchten sie deutlich steigern. Zudem sollen bei Heizungstausch oder umfassender Sanierung Erneuerbare verbindlich zum Einsatz kommen. Da die Grünen ihr Programm erst auf ihrem Parteitag Mitte Juni beschlossen haben, liegt das finale Dokument noch nicht vor.

Wie die Union bekennt sich auch die SPD zum Ziel, Klimaneutralität bis spätestens 2045 zu erreichen. Den Kohleausstieg möchten die Sozialdemokraten sobald vollziehen, wie es der Ausbau der erneuerbaren Energien und Netze zulässt. Um den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien im Rahmen der Sektorkopplung auch in der Gebäudewärme voranzubringen, fordert die SPD eine vollständige Entlastung der Verbraucher von der EEG-Umlage bis 2025. Auch wollen die Sozialdemokraten bis 2030 fünf Millionen Häuser über innovative Heiz- und Energiesysteme versorgen und Investitionen in Wärmenetze und Quartierskonzepte staatlich fördern. Um die erforderlichen Mengen klimaneutraler Energie bereitzustellen, sollen in einem Zukunftspakt mit Kommunen, kommunalen Spitzenverbänden, Bund und Ländern verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien, u.a. Geothermie, festgelegt werden. Wasserstoff will die SPD ebenfalls nur dort einsetzen, wo eine direkte Elektrifizierung nicht sinnvoll oder möglich ist.

Die Freien Demokraten streben Klimaneutralität bis 2050 an, betonen jedoch auch, dass dieses Ziel regelmäßig evaluiert und ggf. angepasst werden sollte. Den EU-ETS sieht die FDP als zentrales Instrument der Energiewende und fordert seine Ausweitung auf alle Sektoren. Die Einnahmen sollen u.a. zur Abschaffung bzw. Absenkung von EEG-Umlage und Stromsteuer im Rahmen einer umfassenden Reform der Steuern, Abgaben und Umlagen im Energiesektor genutzt werden. Die Sicherheit u.a. der Strom- und Wärmeversorgung hat für die FDP oberste Priorität, weshalb sie die Einführung regelmäßiger Stresstests und klarer Kriterien fordert. Flexible Erzeugungs- und Speichertechnologien können in ihren Augen einen wichtigen Beitrag zu ihrer Gewährleistung erbringen. Die Freien Demokraten fordern daher, Speicher von Abgaben und Umlagen zu befreien und die Energiewende als Gesamtsystem zu denken. Wasserstoff möchte die FDP anwendungsoffen nutzen und sieht u.a. Potenzial zur Beheizung von Gebäuden. Um den Ausbau der u.a. benötigten Wärmenetze voranzubringen, fordern die Liberalen zudem den Abbau von Bürokratie im Energierecht und schnellere Verfahren.

Erfreulicherweise finden sich in den Wahlprogrammen aller Parteien unterschiedliche AGFW-Positionen wider, die durchaus kombinierbar sind. So könnte eine schwarz-grüne Koalition beispielsweise eine angemessene Förderlandschaft für Ausbau und Transformation der Wärmenetze schaffen und die Sektorkopplung im Wärmesektor voranbringen. Gegebenenfalls ist auch eine liberale oder sozialdemokratische Beteiligung denkbar, um bspw. die Position flexibler KWK-Anlagen zu stärken und ordnungsrechtlichen Maßnahmen im Bereich der Wärmenetze entgegenzuwirken. Gerade die letzten beiden Punkte könnten eine bittere Pille werden, sofern sie keine Berücksichtigung fänden.

Weitere Artikel mit folgenden Schlagworten anzeigen: