Forderungspunkte für das „Osterpaket“
Dr.-Ing. Roll: „Grüne Fernwärme ist der Schlüssel für Klimaschutz und gleichzeitig mehr Versorgungssicherheit in Deutschland. Um den Turnaround zu schaffen, braucht es deutlich mehr Tempo, aber auch mehr Konsequenz im politischen Handeln“
- Fernwärme bietet perspektivisch klimaneutrale und resiliente Wärmeversorgung
- Sofortiges Inkrafttreten der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) ist ein Muss, ergänzt durch ein neues, modernes Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
- Konsequenz beim Abbau von Hemmnissen für den Wärmenetzausbau – vorbehaltlose Akzeptanz der Fernwärme als Lösung für Städte in sämtlichen Gesetzen, Verordnungen sowie Bundes- und Landesprogrammen
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Energiemärkte erschüttert. Im Ergebnis wird es zu langfristigen und tiefgreifenden energiepolitische Veränderungen in der EU und in Deutschland kommen. Versorgungssicherheit und Klimaschutz müssen dabei Hand in Hand gehen, auch wenn das Ambitionsniveau damit nochmals deutlich steigt. Dies erfordert Mut, Entschlossenheit und eine andere energiepolitische Agenda, so Dr.-Ing. Hansjörg Roll, Präsident des Energieeffizienzverbandes AGFW.
Der Spitzenverband vertritt die Interessen von mehr als 565 Versorgungsunternehmen, Energiedienstleistern und Industriebetrieben in Deutschland und Europa. Mit einem dringenden Appell und zahlreichen konkreten Forderungen für das Osterpaket wendet sich der AGFW heute an die Bundesregierung. „Grüne Fernwärme ist der Schlüssel für die Wärmewende in Deutschland“, so Präsident Dr.-Ing. Roll. „Eine krisenfeste, resiliente Wärmeversorgung werden wir aber nur erreichen, wenn wir bürokratische Hürden und Fesseln schnell abstreifen. Unsere Unternehmen stehen vor dem immensen Spagat, der wachsenden Rohstoffknappheit zu begegnen, dabei weiterhin sozialverträgliche Energiepreise zu ermöglichen und gleichzeitig die enorme Herausforderung der Transformation ihrer Wärmenetze hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung zu stemmen. Hier ist die Branche dringend auf konkrete und schnelle Unterstützung durch die Bundesregierung angewiesen. Wir brauchen endlich passgenaue und verlässliche Rahmenbedingungen, um die notwendige Investitions- und Planungssicherheit zu gewährleisten.“
BEW muss zum 1. April 2022 in Kraft treten und mindestens bis 2030 laufen
„Die Bundesförderung effiziente Wärmenetze ist das richtige Instrument, um den Transformationsprozess zu starten“, erklärt der stellvertretende AGFW-Geschäftsführer John Miller. „Es ist daher sehr wichtig, das Programm schnellstmöglich und mit einer angemessenen Laufzeit bis 2030 und darüber hinaus sowie einer adäquaten finanziellen Ausstattung von mindestens 2,5 Milliarden Euro in Kraft treten zu lassen.“ Eine weitere Verzögerung sei weder aus klimapolitischer noch aus sozialökonomischer und energiewirtschaftlicher Sicht verantwortbar.
Versorgungssicherheit: Brennstoffneutrale, hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung stärken
„Vor dem Hintergrund knapper Rohstoffe wie Gas und Öl erscheint die Kraft-Wärme-Kopplung einmal mehr als die effizienteste, brennstoffneutrale Technologie, die uns derzeit zur Verfügung steht“, so Miller. „Es ist daher unerlässlich, dass wir genehmigungsrechtliche Hürden überwinden und dem Ausbau von KWK-Anlagen Priorität einräumen. Der Bau von neuen KWK-Anlagen ist Garant für Versorgungssicherheit für den Strom- und Wärmemarkt in Deutschland. Diese zukunftsfähige Technologie hilft uns, durch die effiziente Nutzung knapper und wertvoller Brennstoffe die Resilienz unseres Energiesystems zu stärken, denn je effizienter wir vorhandene Brennstoffe nutzen, desto geringer ist unsere Importabhängigkeit.“ Der AGFW fordere daher die Evaluierung und Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes bis spätestens 1. September 2022 sowie das Inkrafttreten des KWKG bis zum 1. Januar 2023 mit einer Laufzeit bis mindestens 2030.
Vorbehaltlose Akzeptanz der Fernwärme als Lösung für Städte
Ein wesentliches Hindernis für die Branche und damit für den Ausbau der Fernwärme sind die teilweise unverhältnismäßig hohen Anforderungen die an die Fernwärme gestellt werden, so Miller. Ein gutes Beispiel dafür ist die aktuell geltende Wärmelieferverordnung (WärmeLV). „Wir können uns als Gesellschaft das Festhalten an überkommenen Verordnungen nicht länger erlauben. Im Kontext mit den immensen Herausforderungen für die Unternehmen kann es nicht sein, dass ineffiziente Gebäude-Heizungstechnologien als Kostenvergleichsmaßstab für eine moderne Wärmeversorgung herangezogen werden.“ Gerade im urbanen Gebäudebestand sei der Anschluss an ein Fernwärmenetz oftmals die einzige Möglichkeit, ein Gebäude perspektivisch klimaneutral zu versorgen und kurzfristig bestehende Heizungen durch ein klimafreundliches Heizsystem zu ersetzen. In ihrer aktuellen Fassung verhindere die WärmeLV jedoch den Anschluss an die Fernwärme. „Wir fordern die Bundesregierung zu einem Realitätscheck auf“, so Miller. „Dazu gehört für uns unter anderem die Streichung der Wärmelieferverordnung.“