Aktuelles aus dem Bereich

Energiewirtschaft, Recht & Politik / Energiewende & Politik / Aktuelles aus dem Bereich

Gut besuchter AGFW-Infotag läutet entscheidendes Jahr für die Fernwärme ein

01.02.2024
AGFW-Präsident Dr. Hansjörg Roll: „Branche benötigt nicht nur Bekenntnisse, sondern klare Zusagen, damit wir die Wärmewende gemeinsam meistern können“

Vor rund 180 Teilnehmern des traditionellen AGFW-Infotags in Berlin appellierte AGFW-Präsident Dr. Hansjörg Roll an die Bundesregierung. „2024 wird ein entscheidendes Jahr für die Fernwärme in Deutschland. Unsere Unternehmen haben die Transformation und den Ausbau ihrer Wärmenetze hin zu einer Versorgung mit grüner Fernwärme aus klimaneutralen Quellen in den vergangenen Jahren kräftig angekurbelt. Aus der Politik erhalten sie aktuell jedoch gemischte Signale, zuletzt die drohende Kappung der Finanzierung der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) durch das Urteil aus Karlsruhe. Von unseren Partnern in Berlin fordern wir daher mehr Verlässlichkeit und einen klar erkennbaren Kurs in Richtung Ausbau der Fernwärme in Deutschland.“ Die Mittel für das BEW müssten auf eine solide Grundlage gestellt und deutlich erhöht werden, so Roll. „Unsere Unternehmen benötigen ein BEW-Fördervolumen von mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr. Wir stehen weiterhin zu unseren Zusagen während des ersten Fernwärme-Gipfels und hoffen auf einen weiteren Gipfel in diesem Jahr. Damit die ambitionierten Ausbauziele der Bundesregierung erreicht werden können, bedarf es jedoch besserer Rahmenbedingungen für die handelnden Akteure in der Praxis.“

Parallel zum Aus- und Umbau der Fernwärme arbeite die Branche an einer noch größeren Transparenz, so Roll. „Das Vertrauen der Kundinnen und Kunden in die Fernwärme ist bereits jetzt sehr hoch. Beschwerden konzentrieren sich auf einige wenige Fälle und Wärmenetze, die bestehenden Kontrollmechanismen der Bundes- und Landeskartellämter greifen. Dennoch wollen wir Verbraucherschutz und Preistransparenz weiter ausbauen. Dazu werden wir im Frühjahr eine Plattform an den Start bringen und den Fernwärmeunternehmen die Teilnahme empfehlen, die die Fernwärmepreise für Standardfälle für u.a. Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser zeigt. Gleichzeitig werden wir weiter für ein besseres Verständnis des Systems Fernwärme werben. Dazu werden auf der Plattform neben den Preisen weitere Informationen zu den Wärmenetzsystemen veröffentlicht werden. Preisunterschiede sind bei dem lokal erzeugten Gut Fernwärme normal und es wird sie auch weiterhin geben. Außerdem werden wir uns für Standards zur Formulierung von Preisänderungsformeln einsetzen.“ 

Als konkretes Beispiel, wie sich die Rahmenbedingungen für die Branche verändern müssen, nannte der AGFW-Präsident die zwingend notwendige Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) bis 2035. Eine Novellierung des KWKG müsse bis zur Sommerpause 2024 auf den Weg gebracht werden, da Verzögerungen bereits heute dazu führten, dass Investitionen nicht getätigt würden und so das Gesamtziel Klimaneutralität bis 2045 gefährdet sei. Zudem müsse der Umstieg auf klimaneutrale Brennstoffe mit allen sich ergebenden Konsequenzen mitgedacht und umgesetzt werden. Dazu zähle unter anderem die Bereitstellung von ausreichend Wasserstoff. „Das KWKG ist die Lösung für viele aktuelle Herausforderungen, besonders im Kontext der angespannten Haushaltslage im Bund“, so Dr. Roll. „Durch die Finanzierung über die KWK-Umlage belastet das Gesetz den Haushalt nicht, sodass Mittel für die Kraftwerksstrategie zur Verfügung stehen.“

Auf ein zentrales Hemmnis beim Ausbau der Fernwärme wies AGFW-Geschäftsführer Werner Lutsch hin. „Obwohl die leitungsgebundene Wärmeversorgung in vielen Fällen günstiger ist als neue Einzelversorgungslösungen, kann die Fernwärme wegen veralteter gesetzlicher Vorgaben ihre Stärken nicht ausspielen. Die nach Wärmelieferverordnung geforderte Kostenneutralität zwischen bisheriger Eigenversorgung und Fernwärmelieferung ist antiquiert und bremst den Ausbau der Fernwärme massiv aus.“ Wird eine eigenversorgende Heizung erneuert, lassen sich zusätzliche Kosten an Mieterinnen und Mieter weitergegeben. Diese Möglichkeit besteht beim Umstieg auf zukunftsfähige Fernwärme nicht. Es ist nur sehr selten möglich die geforderte Kostenneutralität einzuhalten. Da der Vermieter die Kostendifferenz selbst tragen müsste, erfolgt oft keine Umstellung. Die von der Branche vorgeschlagene Lösung orientiert sich an der im Zuge der Anpassung des GEG eingeführten Regelung für Vermieter. „Aus unserer Sicht sollte auch bei der Umlagefähigkeit der Betriebskosten Chancengleichheit zwischen Fernwärme und dezentraler Wärmeversorgung hergestellt werden.“

AGFW-Präsident Dr. Hansjörg Roll (l.) und Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (r.) im Austausch zur Entwicklung der Fernwärme.
Weitere Artikel mit folgenden Schlagworten anzeigen:
Ihre Ansprechpartner
Werner Lutsch
Geschäftsführer
+49 69 6304-278
+49 69 6304-458
John A. Miller
Stv. Geschäftsführer, Bereichsleiter Energiewirtschaft & Politik
+49 69 6304-352
+49 69 6304-455
Christopher Martin
Pressesprecher
+49 69 9543160
+49 69 6304-458